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Sneak Preview …

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Liebe Fans in Deutschland,

in letzter Zeit habe ich Auszüge aus drei verschiedenen Geschichten entweder auf meiner (englischen) Website oder im Books Forum bei CompuServe veröffentlicht – aus dem nächsten Buch der Highland-Saga, aus einer Kurzgeschichte namens „Lord John and the Plague of Zombies“ (in den USA ist sie gerade erschienen, doch auch der deutsche Verlag hat sie gekauft, und sobald ich weiß, wann und wie man sie veröffentlichen wird, erfahren Sie es hier) und aus dem nächsten Lord-John-Roman. Einige von Ihnen haben diese Auszüge gesehen und nachgefragt, ob es sie auch auf Deutsch geben wird. Ich bin wirklich begeistert über das Feedback, das die deutsche Website bekommt, und natürlich teile ich diese Texte mehr als gern mit Ihnen. Ich muss Sie aber um etwas Geduld bitten –im Moment arbeitet Barbara an der Übersetzung des Lord-John-Romans, also fangen wir mit einem weiteren Auszug daraus an (ich habe ja schon gesagt, dass dies genau so sehr Jamies Buch ist wie Johns – Sie werden sehen, was ich meine). Sie hat auch schon ein paar Szenen aus Buch Acht vorliegen, die sie übersetzen und veröffentlichen wird, sobald sie Zeit hat. Außerdem – bitte vergessen Sie nicht, dass es nur noch ein paar Wochen dauert, bis „Feuer und Stein“ als Graphic Novel auch in Deutschland erscheint.

Bis dahin – viel Vergnügen!

Diana

THE SCOTTISH PRISONER
© 2011 Diana Gabaldon & Barbara Schnell

„Guten Tag, Oberst“, sagte Fraser in resigniertem Tonfall und schwenkte an Greys Seite ein.
„Guten Tag, Hauptmann Fraser“, erwiderte er höflich und spürte den verblüfften Blick, den ihm Fraser zuwarf, mehr als dass er ihn sah. „Hat Euch die Vorstellung gefallen?“
„Ich dachte, ich prüfe einmal, wie lang meine Kette ist“, sagte Fraser, ohne auf die Frage einzugehen. „In Sichtweite des Hauses also, wie?“
„Vorerst“, sagte Grey aufrichtig. „Aber ich bin nicht hier, um Euch zurückzuholen. Ich habe eine Nachricht von Oberst Quarry.“
Frasers breiter Mund spannte sich unwillkürlich an.
„Oh, aye?“
„Es ist sein Wunsch, Euch Genugtuung anzubieten.“
„Was?“ Fraser starrte ihn verständnislos an.
„Genugtuung für etwaige Verletzungen, die Euch durch seine Hand widerfahren sind“, erläuterte Grey. „Wenn Ihr ihn herauszufordern wünscht – wird er kommen.“ Fraser blieb stehen.
„Er bietet mir an, sich mit mir zu duellieren? Ist es das, was Ihr sagen wollt?“
„Ja“, sagte Grey geduldig. „Das ist es.“
„Grundgütiger.“ Der hochgewachsene Schotte stand reglos da, ohne den Strom der Fußgänger zu beachten – die samt und sonders unter vorsichtigen Seitenblicken einen weiten Bogen um ihn machten –, und rieb sich den Nasenrücken. Dann ließ er den Finger sinken und schüttelte den Kopf wie ein Mensch, der eine Fliege vertreiben will.
„Quarry kann doch nicht glauben, dass Ihr mich lassen würdet. Ihr und Seine Durchlaucht, meine ich.“
Greys Herz zuckte auf; Himmel er dachte ernsthaft darüber nach.
„Ich selbst habe in der Sache nichts zu sagen“, sagte er höflich. „Was meinen Bruder betrifft, so hat er mir gegenüber mit keinem Wort angedeutet, dass er sich einmischen würde.“ Er hatte ja auch keine Gelegenheit dazu gehabt. Himmel, was würde Hal tun, wenn Fraser Harry tatsächlich herausforderte? Abgesehen davon, dass er Grey umbringen würde, weil er es nicht verhindert hatte
Fraser stieß einen durch und durch schottischen Kehllaut aus. Nicht ganz ein Knurren, doch Grey standen die Nackenhaare zu Berge, und zum ersten Mal regte sich die Sorge, dass ihn Fraser mit einer Herausforderung zurückschicken könnte. Er hatte nicht gedacht – er hatte gedacht, dass Fraser verblüfft reagieren würde, doch andererseits … er schluckte und platzte heraus: „Solltet Ihr ihn herausfordern wollen, werde ich Euch als Sekundant zur Verfügung stehen.“
Was auch immer Fraser über Quarrys Angebot gedacht hatte, Greys Worte verblüfften ihn noch um einiges mehr. Er starrte Grey an, die blauen Augen zusammengekniffen, als wollte er herausfinden, ob dies ein Scherz zur Unzeit war. Sein Herz hämmerte so heftig, dass kleine Schmerzfunken seine linke Brust durchzuckten, obwohl seine Verletzungen dort längst verheilt waren. Frasers Hände hatten sich zu Fäusten geballt, und plötzlich stand ihm das Bild ihrer letzten Begegnung vor den Augen, als ihm Fraser buchstäblich um Haaresbreite das Gesicht mit einer dieser kräftigen Fäuste eingeschlagen hätte.
„Seid Ihr schon einmal heraus– ich meine, habt Ihr schon einmal ein Duell ausgefochten?“
„Ja“, sagte Fraser knapp.
Die Farbe war dem Schotten ins Gesicht gestiegen. Nach außen hin war er reglos, doch was auch immer ihm durch den Kopf ging, bewegte sich rasend schnell. Grey beobachtete ihn fasziniert.
Doch dann kam dieser Vorgang zum Schluss; die großen Fäuste entspannten sich – bewusst –, und Fraser lachte kurz und humorlos auf, während sich sein Blick wieder auf Grey richtete.
„Warum?“, sagte er.
„Warum was? Warum bietet Euch Oberst Quarry Genugtuung an? Vermutlich, weil sein Ehrgefühl es verlangt.“
Fraser murmelte etwas, das Grey für Gälisch hielt. Desweiteren ging er davon aus, dass es eine Bemerkung über Quarrys Ehre war, doch er fragte nicht nach. Die blauen Augen bohrten sich in die seinen.
„Warum bietet Ihr mir an, mein Sekundant zu sein? Habt Ihr etwas gegen Quarry?“
„Nein“, sagte Grey verblüfft. „Harry Quarry ist einer meiner besten Freunde.“
Eine der dichten roten Augenbrauen hob sich.
„Warum wollt Ihr dann nicht sein Sekundant sein?“
Grey holte tief Luft.
„Nun … eigentlich … bin ich das. Es gibt keine Duellregel, die das verbietet“, fügte er hinzu. „Obwohl ich zugebe, dass es ungewöhnlich ist.“
Fraser schloss für einen Moment die Augen und runzelte die Stirn, dann öffnete er sie wieder.
„Ich verstehe“, sagte er äußerst trocken. „Wenn ich ihn also töten würde, wärt Ihr verpflichtet, mit mir zu kämpfen? Und wenn er mich töten würde, würdet Ihr mit ihm kämpfen? Und wenn wir uns gegenseitig umbringen, was dann?“
„Dann würde ich wohl einen Stabsarzt rufen, damit er Eure Leichen entfernt, und dann Selbstmord begehen“, sagte Grey etwas gereizt. „Aber wir wollen doch hier nicht rhetorisch werden. Ihr habt doch nicht vor, ihn herauszufordern, oder?“
„Ich gebe zu, dass die Vorstellung verlockend ist“, sagte Fraser ungerührt. „Aber Ihr könnt Oberst Quarry mitteilen, dass ich sein Angebot ablehne.“
„Möchtet Ihr ihm das selbst sagen? Er ist noch im Haus.“
Fraser hatte sich wieder in Bewegung gesetzt, doch bei diesen Worten erstarrte er. Sein Blick heftete sich auf höchst unangenehme Weise auf Grey, als würde eine große Katze eine Entscheidung bezüglich der Essbarkeit eines kleines Tiers in ihrer Nähe treffen.
„Ähm … wenn Ihr ihm lieber nicht begegnen möchtet“, sagte Grey vorsichtig, „lasse ich Euch hier eine Viertelstunde allein und sorge dafür, dass er fort ist, bevor ihr ins Haus zurückkehrt.“
Fraser kam so heftig auf ihn zu, dass er sich zusammenreißen musste, um nicht zurückzuweichen.
„Damit der Mistkerl denkt, ich hätte Angst vor ihm? Verdammt, Engländer! Wollt Ihr das andeuten? Wenn ich jemanden herausfordern würde, wärt Ihr es, mhic a dhiabhail – das wisst Ihr genau.“
Er fuhr auf dem Absatz herum und stapfte auf das Haus zu, und die Ausflügler stoben wie Tauben vor ihm auseinander.