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Alles Gute zum 102ten Geburtstag, Claire :-)

Alles Gute zum 102ten Geburtstag, Claire 🙂

[Exzerpt aus dem neunten Outlander-Buch, (c) 2020 Diana Gabaldon & Barbara Schnell. Zur Feier von Claire Elizabeth Beauchamp Randall Frasers Geburtstag! John Quincy Myers hat Claire einen Bienenschwarm mitgebracht und erklärt ihr gerade, dass sie ihre neuen Bienen segnen sollte.]

 

„Sitz ganz still,
wirke, was Gott will“,

endete er und öffnete die Augen. Er schüttelte den Kopf. „Schlägt das nicht alles? Einer Biene  zu sagen, sie soll stillsitzen, ganz zu schweigen von tausend Bienen auf einmal? Warum sollten sich Bienen so etwas Unmanierliches gefallen lassen, frage ich Euch?“

„Nun, es muss funktionieren“, sagte ich. „Jamie hat schon oft Honig aus Salem mitgebracht. Vielleicht sind es ja deutsche Bienen. Kennt Ihr denn einen … manierlicheren Segen?“

Er spitzte skeptisch die Lippen, und mein Blick erhaschte einen oder zwei brüchige gelbe Fänge. Konnte er noch Fleisch kauen?, fragte ich mich und überarbeitete die Speisekarte für das Abendessen ein wenig. Ich konnte das Kaninchenfleisch in kleine Würfel schneiden und es mit gehackten Zwiebeln und Rührei braten …

„An das meiste hiervon kann ich mich wohl noch erinnern … O Gott, Schöpfer aller Wesen, du segnest die Saat, auf dass wir davon profitieren … ist das richtig, profitieren? Ja, ich glaube schon … profitieren mögen. Durch die Fürsprache des … nun, jetzt folgt eine ganze Heerschar von Heiligen, aber verflixt, wenn ich mich an irgendeinen außer Johannes dem Täufer erinnern kann … obwohl, wenn sich irgendjemand mit Honig auskennt, sollte er es sein, nicht wahr? Ich meine, wer Heuschrecken isst und sich in ein Bärenfell kleidet … obwohl ich nicht sagen könnte, warum jemand das an einem so heißen Ort wie dem Heiligen Land tun sollte. Sei‘s drum …“ Seine Augen schlossen sich wieder, und beinahe unbewusst streckte er die Hand in Richtung des Bienenkorbs aus, der in eine Wolke langsam fliegender Biene gehüllt war.

„Dank der Fürbitte der Heiligen, wer auch immer die sind, die für uns Fürbitte einlegen, wirst Du gnädig unsere Gebete hören. Segne und heilige diese Bienen hier mit Deinem Mitgefühl, auf dass sie … nun ja“, sagte er. Er öffnete die Augen und sah mich stirnrunzelnd an. „Es heißt reichlich Früchte bringen, obwohl jeder Dummkopf weiß, dass es Honig ist, den man sich reichlich wünscht. Nun denn …“ Seine faltigen Lider schlossen sich erneut in Richtung des erlöschenden Sonnenlichts, und er schloss, „für die Schönheit und zum Schmuck Deines heiligen Tempels und für unseren bescheidenen Nutzen.“

Er ließ die Hand sinken und wandte sich mir zu. „Es folgt noch ein bisschen, aber das im Kern ist es das. Worauf es hinausläuft, ist, dass Ihr Eure Bienen segnen könnt, wie auch immer es Euch richtig erscheint. Wichtig ist nur – und vielleicht wisst Ihr das schon –, dass Ihr regelmäßig mit ihnen sprecht.“

„Über irgendetwas Bestimmtes?“, fragte ich argwöhnisch. Ich schloss und öffnete meine Finger und versuchte, mich zu erinnern, ob ich je ein Gespräch mit meinen bisherigen Bienenvölkern geführt hatte.

Vermutlich ja, aber nicht bewusst. Wie die meisten Gärtner hatte ich die Angewohnheit, inmitten der Kräuter und Gemüsepflanzen vor mich hin zu murmeln, auf Insekten und Kaninchen zu schimpfen und die Pflanzen zu ermahnen. Weiß Gott, was ich dabei zu den Bienen gesagt haben mochte …

„Bienen sind sehr gesellig“, erklärte Myers und blies eins der Tiere sacht von seinem Handrücken fort. „Und sie sind neugierig, was ja zu Tieren passt, die ständig unterwegs sind und mit den Pollen Neuigkeiten sammeln. Also erzählt man ihnen, was passiert – wenn jemand zu Besuch kommt, wenn ein neues Baby geboren wird, wenn sich jemand neu ansiedelt oder ein Siedler wegzieht – oder stirbt. Wenn nämlich jemand geht oder stirbt“, erklärte er und strich mir eine Biene von der Schulter, „und man es den Bienen nicht erzählt, sind sie beleidigt, und der ganze Schwarm fliegt einfach fort.“

Was das Sammeln von Neuigkeiten betraf, so konnte ich diverse Ähnlichkeiten zwischen John Quincy Myers und einer Biene sehen, und ich lächelte bei diesem Gedanken. Ich fragte mich, ob er wohl beleidigt wäre, wenn er herausfand, dass man ihm eine pikante Geschichte vorenthalten hatte, doch eigentlich glaubte ich nicht, dass jemand so etwas tat. Er hatte eine Sanftheit an sich, die einlud, ihm zu vertrauen, und ich war mir sicher, dass er die Geheimnisse vieler Menschen bewahrte.

„Nun denn.“ Die Sonne sank jetzt schnell; der feuchte Duft der Pflanzen war kräftig, und zwischen den Palisaden schienen Lichtstrahlen hindurch wie Messer, die den raschelnden Schatten des Gartens mit Helligkeit durchtrennten. „Ich denke, es ist Zeit.“

Angesichts der ungleichen Beispiele, die John Quincy angeführt hatte, war ich mir sicher, dass ich den Segen improvisieren konnte. Wir füllten die vier Schalen mit Wasser und stellten sie unter die Beine des Hockers, um zu verhindern, dass Ameisen zum Bienenkorb hinaufkletterten, weil der Honigduft sie anlockte. Ein paar dieser gierigen Insekten kletterten bereits an den Hockerbeinen hinauf, und ich strich sie mit einer Rockfalte beiseite – meine erste schützende Geste gegenüber meinen neuen Bienen.

John Quincy lächelte und nickte mir zu. Ich richtete mich auf und erwiderte sein Nickten, dann streckte ich vorsichtig eine Hand durch den Vorhang der heimkehrenden Bienen aus und berührte das glatte, geflochtene Stroh des Korbes. Vielleicht war es nur Einbildung, doch ich glaubte, eine Vibration durch meine Haut hindurch zu spüren, just unterhalb der Schwelle des Hörbaren, ein kräftiges, unbeirrbares Summen.

„Oh Herr“, sagte ich – und wünschte, ich wüsste den Namen des Schutzheiligen der Bienen, denn es musste doch einen geben –, „bitte gib, dass sich die Bienen in ihrem neuen Zuhause willkommen fühlen. Hilf mir, sie zu beschützen und für sie zu sorgen, und mögen sie immer Blumen finden. Äh .. und Stille und Ruhe am Ende jedes Tages. Amen.“

„Gut gemacht, Mrs. Claire“, sagte John Quincy, und seine Stimme war leise und warm wie das Summen der Bienen.

Dann gingen wir. Wir schlossen das Törchen sorgfältig hinter und und gingen bergab, aus dem Schatten des hohen Schornsteins hinaus an der Ostwand des Hauses entlang. Es wurde jetzt schnell dunkel, und just als wir in die Küche kamen, sprang das Herdfeuer auf und warf sein Licht auf meine wartende Familie. Daheim.