dianagabaldon.com dianagabaldon.com

Zum Internationalen Frauentag

Zum Internationalen Frauentag (und für die russischen Soldatenmütter, die so tapfer versuchen, hinter den Männern aufzuräumen …)

Fraser‘s Ridge

Ich war im Sprechzimmer, wo ich Saatgut sortierte und die Genugtuung der erfolgreichen Sammlerin genoss, als ich es zögernd an der Haustür klopfen hörte. Die Tür stand eigentlich offen, um frische Luft durch das Haus wehen zu lassen, und normalerweise hätten die Besucher einfach gerufen. Ich hörte es draußen leise flüstern, und Füße traten auf der Stelle, doch niemand rief, und ich steckte den Kopf in den Flur, um zu sehen, wer es sein mochte.

Zu meiner Überraschung stand eine regelrechte Menschenmenge auf der Veranda; eine Anzahl Frauen und Kinder, die sich bei meinem Anblick alarmiert regten. Eine Frau schien die Anführerin zu sein; sie nahm ihren Mut zusammen und trat vor, und ich sah, dass es Mrs. MacIlhenny war. Mutter Harriet, wie alle sie nannten: weißhaarig, dreimal verwitwet, Mutter von dreizehn Kindern und zahllosen Enkelkindern.

„Mit Eurer Erlaubnis, a bhana-maighister“, sagte sie mit zögernder Stimme, „könnten wir Ehrwürden sprechen?“

„Äh“, sagte ich etwas aus der Fassung gebracht. „Ich … ja, natürlich. Ich … sage ihm nur kurz, dass Ihr hier seid. Äh … wollt Ihr nicht … hereinkommen?“

Ich klang beinahe genauso zögernd wie sie, und das mit gutem Grund. Mit Mutter Harriet waren noch fünf Frauen gekommen: Doris Hallam, Molly Adair, Fiona Leslie, Annie MacFarland und Gracie MacNeil. Sie waren alle entweder die Ehefrauen oder die Mütter von Pächtern, die Jamie exkommuniziert hatte, und es war einigermaßen klar, warum sie gekommen waren. Sie hatten fast zwanzig Kinder mitgebracht, von zehnjährigen Mädchen mit ordentlich geflochtenen Haaren bis hin zu Kleinkindern, die ihnen an den Röcken hingen, und Babys auf ihren Armen, alle beinahe wund geschrubbt; ihr Seifengeruch stieg in einer Wolke auf, die man fast sehen konnte.

Jamie saß mit einem Federkiel in der Hand an seinem Schreibtisch, als ich hereinkam und die Tür des Studierzimmers hinter mir schloss. Er warf einen Blick zur Tür, das Flüstern und die „Pssst“-Laute waren deutlich zu hören.

„Ist das, wer ich glaube, dass sie es sind?“

„Fünf von ihnen. Mit ihren Kindern. Sie möchten mit dir sprechen.“

Er sagte leise etwas auf Gälisch, rieb sich fest mit der Hand über das Gesicht und setzte sich gerade auf seinen Stuhl.

„Aye. Dann lass sie hereinkommen.“

Harriet MacIlhenny kam erhobenen Hauptes herein. Sie hatte die Zähne zusammengebissen, und ihr Kinn zitterte. Sie blieb abrupt vor Jamies Tisch stehen und fiel mit einem dumpfen Geräusch auf die Knie, gefolgt von den anderen Frauen und der Hälfte der Kinder, die sich in den Flur hinaus ergossen und alle verwirrte, aber gehorsame Mienen trugen.

„Wir sind hier, um Euch um Gnade anzuflehen, Herr“, sagte sie und verbeugte sich so tief, dass sie ihre Worte an den Boden richtete. „Nicht für uns selbst, sondern für unsere Kinder.“

„Haben Eure Männer Euch hierzu angestiftet?“, wollte Jamie wissen. „Steht doch um Himmels willen auf.“

„Nein, Herr“, sagte Harriet. Sie erhob sich langsam, doch ihre Hände waren so fest aneinander gepresst, dass ihre Fingerknöchel und Nägel weiß waren. „Unsere Männer haben uns verboten, zu Euch zu gehen; sie haben gesagt, sie würden uns schlagen, sollten wir einen Fuß zur Tür hinaus setzen. Die Narren würden uns und die Kinder für ihren Stolz opfern … aber … wir sind trotzdem gegangen.“

Jamie stieß einen angewiderten schottischen Laut aus.

„Eure Männer sind Narren und Feiglinge, und sie werden den Preis für ihre Torheit bezahlen. Sie wussten, was sie riskiert haben, als sie sich auf Cunninghams Seite gestellt haben.“

„Denkt ein Spieler je, dass er verlieren könnte, Herr?“

Jamie hatte den Mund schon geöffnet, um noch etwas zu sagen, doch bei diesem listigen Seitenhieb schloss er ihn wieder. Harriet MacIlhenny lebte fast seit der Gründung von Fraser‘s Ridge hier und wusste sehr wohl, wer in dieser Gegend der größte Spieler war.

„Mmpfm“, sagte er und beäugte sie. „Aye. Nun. Sei es, wie es wolle, ich habe gesagt, was ich gesagt habe, und ich nehme es nicht zurück. Ich habe diese Männer aus gutem Grund verbannt, und dieser Grund hat sich nicht in Luft aufgelöst und wird es vermutlich auch nicht tun.“

„Nein“, pflichtete Harriet ihm mit echtem Bedauern in der Stimme bei. Sie neigte den Kopf unter ihrer Haube. „Aber meine sechs erwachsenen Söhne sind Euch treu ergeben, Herr, Euch und der Sache der Freiheit, und meine vier Brüder ebenso. Viele dieser guten Frauen können dasselbe sagen und tun es auch.“ Sie wies auf die dicht gedrängte Menge, die hinter ihr auf dem Boden kniete und aus der sich jetzt zustimmendes Gemurmel erhob. Ein kleines Mädchen steckte den Kopf hinter Harriets Schürze hervor und sagte fröhlich: „Mein Bruder hat geholfen, Euch nach dem Erdrutsch herzubringen, Sir.“

Harriet bewegte ihre Röcke, um das Kind zu verbergen, und hüstelte. Die Unterbrechung ermöglichte es Jamie, den Blick über die Frauen hinweg schweifen zu lassen und sich auszurechnen, auf wie viele Söhne, Brüder, Onkel, Enkel und Schwäger sie es gemeinsam brachten und wie viele von diesen Männer waren, die entweder schon zu seiner Gang gehörten oder die er gern dabei hätte. Ich sah, wie ihm die Farbe am Hals hinauf kroch, doch seine etwas hängenden Schultern sah ich auch.

Auch Harriet entgingen diese Dinge nicht, doch sie war so klug, so zu tun, als bemerkte sie es nicht. Sie faltete die Hände und legte in aller Demut den Rest ihrer Karten auf den Tisch.

„Wir wissen sehr wohl, warum Ihr die Männer verbannt habt, Sir. Und wir wissen mindestens so gut, welche Güte Ihr uns und unseren Familien immer gezeigt habt. Also werden wir Euch einen Eid schwören, Herr – einen schrecklichen Eid auf die Namen der Heiligen Bride und Michael – dass unsere Ehemänner nie wieder ihre Hände oder Stimmen gegen Euch erheben werden.“

„Mmpfm.“ Jamie wusste, dass er geschlagen war, doch noch ergab er sich nicht. „Und wie habt Ihr vor, ihr gutes Benehmen zu garantieren, a bhana-maighister?

Eine unhörbare, aber deutliche Vibration, vermutlich Belustigung, durchlief die älteren Damen, verschwand aber augenblicklich, als Harriet den Kopf wandte, um sich nach ihnen umzusehen. Als sie sich zurückdrehte, heftete sie den Blick auf mich, nicht auf Jamie, was mich verblüffte.

„Ich vermute, Eure Frau könnte Euch das beantworten, Herr“, sagte sie umsichtig, und ihr Mundwinkel verzog sich flüchtig. Ihr Blick senkte sich wieder auf Jamie. „Keiner der Männer kann kochen. Aber wenn Ihr kein Vertrauen in das habt, was eine Frau einem Mann antun kann, der ihr das Haus über dem Kopf genommen hat und ihren Kindern das Essen … vielleicht könnt Ihr Euch vorstellen, was die Brüder und Söhne dieser Frauen ihm womöglich antun. Wenn Ihr gern hättet, dass meine Jungen zu Euch kommen und Euch denselben Eid schwören …“

„Nein“, sagte er sehr trocken. „Ich würde nie das Wort einer aufrechten Frau in Zweifel ziehen.“ Er ließ den Blick langsam über die Anwesenden hinweg schweifen, seufzte und legte die Hände auf den Tisch.

„Aye. Nun denn. Ich werde Folgendes tun. Ich werde den Bannbrief zurücknehmen – für Eure Männer –, aber die Pachtverträge, die ich mit ihnen geschlossen habe, bleiben nichtig. Und Ihr werdet Eure Männer zu mir schicken, damit sie mir die Treue schwören. Ich werde keine Männer auf meinem Land dulden, die Ränke gegen mich schmieden. Aber ich werde neue Verträge schreiben, zwischen mir und jeder von Euch Damen, über die Verpachtung des Landes und der Gebäude, in denen Ihr lebt, und sie Euch zur getreuen Nutzung überlassen.“

Jamie beugte sich vor und heftete die Augen nacheinander auf jede der Frauen.

„Das bedeutet natürlich, dass jede von Euch – jede von Euch, sage ich – für die Pacht und die Erfüllung der anderen Bedingungen ihres Vertrages verantwortlich sein wird. Wenn Ihr Rat und Hilfe von Euren Männern annehmen möchtet, gut und schön … aber das Land ist das Eure, nicht das Seine, und wenn er sich als falsch erweist, Euch gegenüber oder mir gegenüber, wird er mir Rede und Antwort stehen, sogar mit seinem Leben.“

Harriet nickte ernst.

„Wir sind einverstanden, mein Herr. Wir sind Euch sehr dankbar für Eure gütige Nachsicht – und noch dankbarer sind wir Gott, dass Er es uns gestattet hat, Euch vor der Schuld zu bewahren, Frauen und Kinder dem Hunger zu überlassen.“ Sie knickste tief, dann machte sie kehrt und ging. All ihre Begleiterinnen knicksten einzeln vor ihm und dankten ihrem sprachlosen Verpächter, dessen Ohren rot angelaufen waren.

.

(Auszug aus „Outlander“ Band 9, „Das Schwärmen von tausend Bienen“, erschienen im Knaur Verlag, (c) Diana Gabaldon & Barbara Schnell)

.