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Ein paar Worte der Autorin zum Ende der ersten Staffel …

Ein paar Worte der Autorin zum Ende der ersten Staffel …

Vor etwa achtzehn Monaten bin ich Sam Heughan zum ersten Mal persönlich begegnet. Netter Typ. Drei Tage später saß ich mit dem erwähnten Mr. Heughan auf einer Bühne, als mich ein Fan im Publikum gefragt hat, auf welche Szene aus dem Buch ich mich in der Verfilmung am meisten freue?

Genau darüber hatte ich nachgedacht, weil diese Frage ein paar Minuten zuvor an das gesamte Podium gerichtet worden war, das Gespräch aber eine andere Richtung eingeschlagen hatte, ehe ich antworten konnte. Ich weiß nicht, was ich gesagt hätte, wenn ich die Frage gleich beim ersten Mal beantwortet hätte, aber so hatte ich nun einmal Zeit zum Überlegen.
Und ich habe an Mr. Heughan gewandt gesagt: „Ich hoffe, du verstehst das jetzt nicht falsch, Sheugs – aber ich möchte wirklich sehen, wie du vergewaltigt und gefoltert wirst.“

Der Aufruhr im Publikum – das anscheinend glaubte, es sei ein Scherz – gewährte Mr. H. eine Gnadenfrist von etwa zwanzig Sekunden, und glauben Sie mir, für ihn ist das reichlich Zeit. Zehn, um mit verdatterter Miene dazusitzen, und zehn zum Nachdenken, und in der Sekunde, als das Tosen verstummte, sagte er ganz ungerührt: „Oh – darauf freue ich mich auch schon sehr.“

Die Leute lagen auf dem Boden vor Lachen …

Auch online gab es darauf einige Reaktionen, wobei die meisten Leute den ganzen Wortwechsel immer noch zum Brüllen fanden, sich ein paar aber auch laut gefragt haben, was für ein Mensch so etwas sagen würde, wie ich es gesagt hatte?! (Und doch lesen dieselben Menschen meine Bücher … bemerkenswert …)

Tatsächlich war meine Antwort von mehreren Faktoren beeinflusst: Erstens war ich Sam H. zwar gerade erst persönlich begegnet, doch ich kannte ihn schon seit sechs Monaten ziemlich gut; wir waren uns wenige Augenblicke nach seiner Besetzung als Jamie auf Twitter begegnet, und etwa fünf Sekunden später waren wir Freunde.

Im Lauf dieser sechs Monate hatte ich einiges über Mr. Heughan herausgefunden – vor allem, was für einen Humor er hat – und wie schlagfertig er ist.

Also habe ich es aus zwei miteinander zusammenhängenden Gründen gesagt: 1) Ich habe es ernst gemeint. Für einen Schauspieler sind diese Szenen in Wentworth zweifellos die intensivsten und anspruchsvollsten, eine immense Herausforderung für alle Beteiligten, vom Drehbuchautoren und dem Regisseur bis hin zum Kameramann, den Technikern, den Maskenbildnern und so weiter – doch es ist der Schauspieler, mit dem alles steht und fällt. Etwas so Schwieriges und Anspruchsvolles so realisiert zu sehen, wie es realisiert werden sollte/könnte … oh ja. Das will ich sowas von sehen. Und ich weiß, wie Sam spielt; ich wusste, was er aus diesem Material machen konnte. Was 2) betrifft … ich weiß auch, wie Sam MITspielt, und ich wusste, dass er auch damit keine Schwierigkeiten haben würde.

Man braucht sich doch nur anzusehen, was er getan hat, als ich das gesagt habe. Er hat nicht die Fassung verloren, hat nicht die Augen verdreht oder auch nur im Geringsten irritiert reagiert. Hat ein paar Sekunden überlegt und dann in einer Situation, die auch unangenehm hätte werden können, eine perfekte Antwort abgeliefert. Erinnert Sie dieses Verhalten vielleicht an jemanden?

Jetzt bedenken Sie bitte, dass ich die vergangenen sechs Monate damit verbracht hatte, auf einen endlosen Tsunami skeptischer Fanbeschwerden zu antworten, alle im Tenor von „er ist zu klein!!!“, „Jamie sollte GRÖßER sein! “, „sein Haar ist nicht rooooot genug“, „er sieht gar nicht aus wie MEIN Jamie …“, und so weiter und so fort.

Natürlich hatte ihn niemand von diesen Leuten spielen gesehen. Ich dagegen schon. Waren sie bereit, mir abzunehmen, dass Sam Heughan in der Tat der richtige Mann für diese Rolle war? Natürlich nicht. Es mach so viel mehr Spaß zu jammern und zu stöhnen, sich an den Kopf zu fassen und sich in negativen Erwartungen zu suhlen …

Nun denn. Er hat diese Bühne als Sam Heughan betreten – und es gibt Schlimmeres –, aber als er sie verlassen hat, war er für eine ganze Menge mehr Leute Jamie Fraser.

Jetzt nähern wir uns also dem Ende der ersten Staffel und damit auch genau diesen Szenen in Wentworth. Ich habe Mr. Heughan inzwischen in diesen Szenen gesehen, und meine Erwartungen – die ziemlich hoch waren (ich bin schließlich in Wentworth gewesen; ich weiß, was sich dort abgespielt hat) – sind in jeder Hinsicht übertroffen worden.

Ich möchte hier Caitriona und Tobias nicht klein machen – sie waren erstaunlich gut, und das, nachdem ich sie schon bis dahin in jeder Folge brillant gefunden habe. Und die letzten Folgen sind definitiv ein Ensemblestück; sie mussten alle drei alles geben, um das hinzubekommen.
Aber es ist Jamie, mit dem alles steht und fällt, und es ist Sam, der getan hat, woran ich geglaubt habe, und es in Wirklichkeit verwandelt hat. Ich habe ehrlich noch nie etwas so Mutiges gesehen wie das, was er und Tobias da gemacht haben. Ja, es ist starker Tobak – genau wie das, was ich schreibe, und es ist nicht jedermanns Sache. Aber was jedem, der meine Bücher liest, klar ist, ist, dass sich emotionale Tiefe bei allen damit einhergehenden Risiken auch immens auszahlt.

Jetzt ist mir also im Vorfeld der fünfzehnten Folge aufgefallen, dass sich wieder Panik und Gejammer breitgemacht haben, á la „o mein Gott, das wird so schrecklich! Ich glaube nicht, dass ich es ertragen kann, mir das anzusehen. O MEIN GOTT, DAS WIRD SO SCHRECKLICH, ICH GLAUBE NICHT, DASS ICH ES ERTRAGEN KANN; MIR DAS ANZUSEHEN! Wirklich. EINFACH SCHRECKLICH. Moment, ich sag’s nochmal, O MEIN GOTT, DAS WIRD SO SCHRECKLICH, ICH GLAUBE NICHT, DASS ICH ES ERTRAGEN KANN; MIR DAS ANZUSEHEN! Wirklich. EINFACH SCHRECKLICH. Hört mir jemand zu? Es wird FURCHTBAR. Es wird so GRAUENVOLL, ich werde so traumatisiert sein, dass ich eine Woche mit meinem Hund auf dem Boden liegen muss, es wird so EXPLIZIT, ich weiß einfach, dass ich es bestimmt nicht sehen kann“, etc. etc.

Kommt dieser Argumentationsstil jemandem bekannt vor? Klar doch. („Er ist zu KLEIN, sein Haar ist nicht roooot genug, das wird alles so enttäuschend werden …“)

Dann haben sich die meisten dieser pessimistischen Menschen die Folge (natürlich) doch angesehen, und seltsamerweise habe ich keine Berichte über psychisch traumatisierte Massen in den Tageszeitungen gefunden. Was ich gefunden habe, war eine ziemliche Menge guter Kritiken, Analysen und Diskussionen von einer Substanz, wie man sie normalerweise in der Berichterstattung über TV-Serien nicht findet. Ich glaube, nach dem Finale werden wir noch mehr davon sehen.

Und jetzt noch ein kurzes P.S. an die eingefleischten Fans der Bücher:

Legt. Das. Buch. Weg. Ehrlich, das meine ich ernst. Wenn Sie sich diesen Teil mit dem Buch in der Hand ansehen und dieses, jenes und anderes erwarten … dann WERDEN Sie enttäuscht, das garantiere ich Ihnen.

Unter den erwähnten Oh-es-wird-furchtbar-Kommentaren habe ich auch eine ganze Reihe von Leuten gesehen, die sich laut darüber Sorgen gemacht haben, „wie sie denn alles aus dem Buch in nur eine weitere Folge packen werden?“

Hört zu, Leute, seht es doch mal logisch. Ihr KENNT die Antwort darauf. Es geht nicht. Also wird es nicht genau wie im Buch werden. Trennen Sie sich von der Vorstellung, dass es das sein sollte, ist mein Rat.

Sie haben doch im Lauf der Staffel gesehen, wie das funktioniert. Eine Serienstaffel mit sechzehn Folgen bietet viel, viel weniger Platz als ein Buch mit 300.000 Worten, und das, was man (in Punkto Erzählstruktur, aber auch in Punkto Kosten und Logistik) mit diesem Platz anfangen kann, unterliegt viel größeren Einschränkungen. Das Team hat großartige Arbeit dabei geleistet, die Geschichte für ein visuelles Medium zu adaptieren, aber es IST eine Adaption.

Auch jetzt wird es so funktionieren; viele der wirklich wichtigen Szenen werden genau wie im Buch sein – einige Szenen, die Sie persönlich wirklich wichtig finden, werden es wahrscheinlich NICHT sein.

(Und diejenigen, die sich auf die heiße Quelle freuen? Sorry. Als ich Ron bei der ersten Vorführung der ersten Folge getroffen habe – für die internationalen Einkäufer in LA –, hat er mir erzählt, dass er sich gerade mit der Planung des Staffel-Endes befasst hatte und es unglücklicherweise keine Möglichkeit gab, diese spezielle Szene zu verfilmen. Dann hat er mir erzählt, was er stattdessen vorhatte.)

Nun ja. War ich enttäuscht, als ich das gehört habe? Natürlich; ich hätte das gern gesehen. Aber ich wusste auch genau, was er meinte. Und was ich zu ihm gesagt habe, war: „Ich vertraue dir.“

Daran hat sich nichts geändert. Allerdings gab es durchaus heftige Diskussionen darüber, was in die sechzehnte Folge kommt und warum. Ich war nicht mit allem einverstanden, was sie vorhatten, und wir haben darüber geredet. Beide Seiten haben mit offenem Ohr zugehört, wir haben beide Kompromisse geschlossen – und am Ende habe ich zu etwa 90% bekommen, was ich wollte. Nicht alles (und ich werde Ihnen nicht sagen, was), aber das meiste.

Also. Wenn Sie das Buch beiseite legen können (keine Sorge; sie können es später wieder zur Hand nehmen, und alles, was Sie daran lieben, wird noch da sein) und das Ende unabhängig davon betrachten … Sie werden es erhebend und emotional erfüllend finden und wie elektrisiert sein, weil sie sehen durften, wie eine MENGE Leute etwas Wundervolles, Schwieriges, Erregendes, Herzzerreißenes, Erstaunliches tun.

Das garantiere ich.

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–Diana

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