Schönen „World Book Day“!
Meine deutsche Übersetzerin Barbara Schnell hat mich gerade darauf aufmerksam gemacht, dass heute Welttag des Buches ist, indem sie mich fragte, ob ich etwas für diesen Anlass vorbereitet hätte, und falls ja, ob ich es ihr für die deutsche Website schicken würde?
Zum Glück habe ich etwas, und ich habe es ihr geschickt. „Alles Gute zum Welttag des Buches“ also auch an meine deutschen Leserinnen und Leser!
.
[Aus OUTLANDER Buch Zehn (noch ohne Titel), © Diana Gabaldon & Barbara Schnell]
[Vielleicht sollte ich dieser Szene ein erklärendes/einführendes Wort vorausschicken: Jamie Fraser und sein Sohn William (auch bekannt als Graf von Ellesmere und Lord John Greys Sohn …) sind unterwegs, weil sie versuchen wollen, Lord John zu retten, der von einem gewissen Ezekiel Richardson entführt wurde, um als politische Spielfigur missbraucht zu werden.]
.
Als sie in die Nähe von Savannah kamen, hatten sie noch einmal über Mittel und Wege diskutiert. Doch in Wahrheit waren ihre unmittelbaren Möglichkeiten noch genau so begrenzt wie bei ihrem Aufbruch in Fraser‘s Ridge.
„Wir haben das Schiff – und Ezekiel Richardson – und Denys Randall“, sagte Fraser gerade. Sie saßen im Silver Scrod an der Bay Street, und der Morgenwind wehte den Geruch der Docks herein, erfüllt von Teer und frischem Fisch.
Gestärkt von einer durchgeschlafenen Nacht in einem Bett kratzte William über einen Flohstich an seinem Bein und griff nach seinem lange ersehnten Zinnbecher Kaffee. Savannah war eine britische Hochburg, und Kaffee und Tee waren zwar nach wie vor teuer, doch beides war zu bekommen, und Mr. Fraser hatte darauf bestanden, dass sie diese köstlichen Getränke zu ihrem Frühstück bekamen, das aus kleinen Dorschen und gebutterter Grütze bestand.
„Zur Feier unseres Überlebens“, sagte Fraser und hob seinen Becher. „Bis jetzt.“
„Alla nostre salute“, erwiderte William und hob seinen Kaffee, zufrieden, seinen Vater lächeln zu sehen.
„Dann sprichst du Italienisch, a charaid?“, fragte Fraser.
„Ein bisschen. Du?“
„Genug, um etwas zu trinken zu bestellen oder Streit anzufangen. Was hast du gerade gesagt?“
„Es bedeutet ‚auf uns!‘“
Frasers Lächeln wurde breiter.
„Es gibt einen schottischen Trinkspruch, der in etwa dasselbe bedeutet, a bhailach.“ Er hob seinen Becher und sein Kinn.
„Auf uns! Wer ist wie wir?“
William sah ihn skeptisch an.
„Verdammt wenige“, sagte sein Vater und grinste, „und die sind alle tot. Slàinte mhath!“
* * *
„Was meinst du, teilen und herrschen?“ William stieß einen kleinen Rülpser aus, schüttete seinen letzten Kaffee in das Schälchen und fügte mehr Sahne und Zucker hinzu. „Oder Massenangriff auf einen unserer Kandidaten?“
Fraser hatte sich für Tee entschieden, und der Duft, der über den Tisch wehte, ließ William zum ersten Mal seit Monaten an England denken. Der Schotte nahm einen letzten Schluck, schloss genießerisch die Augen, dann schluckte er und seufzte zufrieden, ehe er sich noch zwei der kleinen, in Butter und Maismehl gebratenen Dorsche von der fast leeren Platte nahm, die zwischen ihnen stand.
„Da wir nur zu zweit sind“, sagte er, „und ich Denys Randall noch nicht begegnet bin, müssen wir uns, glaube ich, aufteilen. Hattest du ein gutes Verhältnis zu ihm, als du ihn das letzte Mal gesehen hast?“
„Nein, aber ich glaube nicht, dass ihn das kümmern würde.“ William nahm sich den letzten Fisch, ein paar gebratene Krabben und und eine Scheibe Toast dazu. „Er hat mich in Kanada im Stich gelassen.“ Williams Wangen waren ohnehin warm von dem heißen Essen und dem Kaffee, doch sie erhitzten sich weiter, als er sich daran erinnerte, wie er einen kalten Winter lang in einem Konvent französischsprachiger katholischer Nonnen untergeschlüpft war.
Fraser schien von Randalls Herzlosigkeit unbeeindruckt zu sein, doch sein Verschwinden schien ihn zu interessieren.
„Wann genau war das?“, fragte er.
„Ich weiß nicht mehr – oh, halt, doch“, erwiderte William überrascht. „Es war Heiligabend vor vier Jahren; ich weiß noch, wie die Nonnen um Mitternacht in die Kirche gegangen sind und ich die Lichter – sie nennen sie Aurora – am Himmel über der Kirche flackern gesehen habe.“ Er schloss die Augen und trank den letzten Schluck Kaffee. Er erinnerte sich daran, wie die Nonnen zur Kirche hasteten, jeweils zu zweit wie eine Kolonne auf dem Marsch, und ihre dunklen Kutten und Umhänge sie wie kleine Bestandteile der Nacht wirken ließen, die zwischen den Sternen ihrer Fackeln dahin drifteten. „Warum, ist es wichtig?“, fragte er und öffnete die Augen.
„Für Randall war es wichtig“, erklärte ihm Fraser. „Vermutlich hat ihn etwas überrascht, den wenn er aus einem Grund gegangen wäre, der schon länger feststand, hätte er eine bessere Verwendung für dich gefunden als dich bei den Schwestern zu lassen, um für seine Seele zu beten.“
William lachte verblüfft und atmete dabei einen Brotkrümel ein, dann nieste er.
Fraser zog seinen Teller außer Reichweite der Tröpfchen.
„Also frage ich mich, was passiert ist. Hat ihn eine Nachricht erreicht, von der du wüsstest? Oder hast du vielleicht in dem Monat nach seiner Abreise zufällig gehört, dass etwas vorgefallen wäre – vielleicht militärischer Natur?“
Es gab weder Tischtuch noch Servietten, und das letzte der Flugblätter, die normalerweise diesen Zweck erfüllten, wehte langsam draußen über die Straße. William wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht und schüttelte den Kopf.
„Eigentlich hat er nie über etwas Konkretes gesprochen – mit mir, meine ich. Aber wir waren in Quebec. Und er hat hin und wieder Nachrichten bekommen – Depeschen, meine ich, und Briefe. Manchmal hat er mir davon erzählt, aber nicht oft.“
Er schloss die Augen und versuchte, sich gleichzeitig zu konzentrieren und nicht zu denken; manchmal kamen einem Erinnerungen und Ideen leichter, wenn man nicht bewusst danach suchte …
„Quebec“, sagte Fraser nachdenklich. „Du weißt, dass Lord John in der Schlacht um die Zitadelle gekämpft hat? Unter James Wolfe?“
„Nein“, sagte William und öffnete die Augen. „Das wusste ich nicht. Er hat es mir nie erzählt.“
„Nun ja, damals warst du noch keine zwei Jahre alt“, sagte Fraser und versuchte gar nicht, sich das Lächeln zu verkneifen, was William empörte. Dennoch holte er tief Luft und sprach höflich.
„Tu das nicht“, sagte er und zeigte mit dem Finger auf den Mann. „Bitte.“
Eine dichte rote Augenbraue hob sich fragend, und William holte noch einmal Luft.
„Du weißt sehr wohl, was ich meine“, sagte er gemessen. „Ich bin dir gegenüber ständig im Nachteil, dank unseres Altersunterschieds und … anderer Dinge.“ Er räusperte sich. „Ein Ehrenmann – und dafür halte ich dich“, fügte er etwas widerstrebend hinzu, „würde doch gewiss unvermeidliche persönliche Umstände nicht ausnutzen, um sich moralische Überlegenheit zu verschaffen?“
Er musste es Fraser anrechnen, dass dieser weder lachte noch lächelte. Stattdessen lehnte er sich ein wenig zurück und warf William einen langen, abschätzenden Blick zu.
„Doch, das würde er“, sagte er schließlich. „Je nach Umstand und Grund. Aber du hast nicht unrecht“, sagte er und griff nach der Teekanne, „und ich werde es nicht mehr tun.“
William war überrascht, doch er nickte mit einer Miene, von der er hoffte, dass sie dankbare Akzeptanz ausdrückte, dann nahm er seine Untertasse, um auch die letzten Tropfen Kaffee zu trinken, und leckte die Zuckerkörnchen vom Rand.
„Du hast zwar dein Patent zurückgegeben“, sagte Fraser und überlegte, „aber dein rotes Fräckchen hast du nicht verkauft, oder?“
„Mein was?“
Frasers Mund zuckte.
„Deine Uniform. Du bist ja nicht aus der Armee ausgetreten, weil sie dir zuwider ist, und auch wenn du reich aufgewachsen bist, glaube ich nicht, dass du zur Verschwendung neigst. Also ist es unwahrscheinlich, dass du sie verbrannt oder in den Fluss geworfen hast. Und einem Freund hast du sie auch nicht geschenkt, denn er hätte Fragen gestellt, die zu zu diesem Zeitpunkt nicht beantworten wolltest. Und nach Fraser‘s Ridge hast du sie auch nicht mitgebracht. Wo ist sie jetzt?“
William unterdrückte den verärgerten Impuls und antwortete, so höflich er konnte.
„Ich habe sie im Haus meines Onkels gelassen. Wenn Amaranthus sie nicht verkauft oder sie zerschnitten hat, um einen Quilt zu nähen, ist sie vermutlich noch dort. Warum kümmert dich das?“
„Es kümmert mich nicht“, sagte Fraser ungerührt. „Aber wenn wir Denys Randall suchen, ist es nicht sinnvoll, bei der Armee zu beginnen? Sofern er nicht einen ähnlichen Sinneswandel hatte wie du, ist er nach wie vor bei der Armee – und so, wie ich die britische Armee erlebt habe …“ William beobachtete mit Interesse, dass sich Frasers Mundwinkel bei der Erwähnung der britischen Armee verzog, als wollte er die Zähne fletschen. Nun ja, bei diesen Narben …
„Meistens wissen sie, wo ihre Soldaten sind – oder zumindest, wo sie sein sollten. Wenn du den Schreiber seiner Kompanie findest und nach ihm fragst und du dabei eine Offiziersuniform trägst, wird man es dir sagen, ohne Fragen zu stellen, oder?“
Das stimmte unleugbar. Was allerdings ebenfalls stimmte, war, dass sich nicht die gesamte Uniform im Haus befand.
„Ja“, sagte er langsam. „Ja, das ist eine gute Idee.“ Er versuchte vergebens, sich eine Verzögerungstaktik auszudenken oder eine Ausrede, die verhindern würde, dass Fraser mit ihm kam.
„Dann schaue ich mich in den Wirtshäusern und Lagerhäusern im Hafen um“, sagte Fraser beiläufig. „Ich war mit einer Menge Seeleuten und Lagerhausarbeitern bekannt, als ich dort gearbeitet habe.“
Frasers erster Satz hatte William vorübergehend erleichtert, weil er verhieß, dass er der Entdeckung entkommen – oder sie zumindest hinauszögern – konnte. Doch dieses „als ich dort gearbeitet habe“ traf ihn mitten vor die Brust und raubte ihm die Sprache.
Er war in diesem Lagerhaus gewesen, vor zwei [?] Jahren; hatte Fraser bei der Arbeit aufgesucht und gefordert, dass er ihm von den Ereignissen erzählte, die zu Williams Geburt geführt hatten. Eine Forderung, die Fraser geradeheraus abgelehnt hatte.
Ich erzähle dir alles, was du wissen möchtest – so lange es um meine eigene Geschichte geht.
Und das tat es nicht. Die andere Hälfte dieser Geschichte gehörte Geneva. Und sie war schließlich nicht freiwillig gegangen.
Vorsichtig setzte William die Untertasse ab.
„Also gut“, sagte er. „Ich hole meine Uniform und schaue, was man mir in der Amtsstube des Regiments sagen kann. Wir … treffen uns …“
„Sagen wir, morgen zum Frühstück, hier“, sagte Fraser beiläufig. „Vermutlich muss ich heute Abend einiges trinken. Ich nehme mir ein Zimmer bei McPherson‘s – die Buchhalter der Lagerhäuser sind immer dort eingekehrt und tun es vermutlich nach wie vor. Ich nehme an, du hast noch ein Bett im Haus deines Onkels?“
„Ich – ja. Ja, so ist es gut.“ Er drückte sich am Tisch ab und stand auf. Er fühlte sich, als hätte er viel mehr getrunken als tatsächlich der Fall war. „Sprudel im Blut.“ So hatte Papa das Gefühl beschrieben, als sie gemeinsam Champagner tranken, um die Verleihung von Williams Universitätsdiplom zu feiern.
Er wandte sich zur Tür und richtete sich auf, als Fraser hinter ihm noch etwas sagte.
„Wer ist Amaranthus?“, fragte er neugierig.
* * *