Happy World Outlander Day – danke!
(Exzerpt aus „Das Schwärmen von tausend Bienen“, erscheint am 23.11.2021 im Knaur Verlag. Bitte achtet das Urheberrecht und verlinkt auf diesen Beitrag oder nutzt die Sharebuttons, aber kopiert ihn nicht.)
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„Mr. Fraser?“ Zurückhaltendes Klopfen an der Tür, Frances‘ Stimme. „Eure Tochter sagt, das Frühstück ist fertig.“
„Aye?“ Er konnte zwar nichts Herzhaftes riechen, aber „fertig“ war ja ein relativer Begriff. „Ich komme, Kleine. Taing.“
„Täng?“, sagte sie und klang verblüfft. Er lächelte, zog sich ein sauberes Hemd über den Kopf und öffnete die Tür. Sie stand da wie ein Gänseblümchen, zierlich, aber aufrecht auf ihrem Stiel, und er verbeugte sich vor ihr.
„Taing“, sagte er und sprach es aus, so klar er konnte. „Es heißt ‚danke‘ auf Gälisch.“
„Seid Ihr sicher?“, sagte sie mit einem kleinen Stirnrunzeln.
„Ja“, versicherte er ihr. „Moran taing heißt ‚vielen Dank‘, wenn man es etwas kräftiger ausdrücken möchte.“
Eine leise Röte stieg ihr in die Wangen.
„Entschuldigt – ich habe nicht gemeint, ob Ihr w-sicher seid. Natürlich seid Ihr das. Es ist nur, dass Germain mir gesagt hat, danke heißt ‚täbäg liet‘. Ist das falsch? Vielleicht hat er mir einen Streich gespielt, aber es kam mir nicht so vor.“
„Tapadh leat“, sagte er und unterdrückte das Bedürfnis zu lachen. „Nein, das stimmt. Moran taing ist … Umgangssprache, könnte man sagen. Das andere benutzt man, wenn man besonders höflich sein möchte. Wenn einem jemand das Leben gerettet oder die Schulden übernommen hat, würde man tapadh leat sagen, aber wenn er einem am Tisch das Brot reicht, sagt man taing, aye?“
„Aye“, sagte sie automatisch und errötete noch tiefer, als er lächelte. Doch sie erwiderte das Lächeln, und während er ihr die Treppe hinunter folgte, dachte er, was für ein seltsam bezaubernder Mensch sie war; sie war zwar zurückhaltend, aber überhaupt nicht schüchtern. Vermutlich konnte man auch nicht schüchtern sein, wenn man in der Erwartung heranwuchs, eine Hure zu werden.
Jetzt konnte er Porridge riechen – leicht angebrannten Porridge. Er zog die Nase kraus, änderte seine Miene zu einem Ausdruck stoischer Freundlichkeit und ging weiter zur Küche. Dabei warf er einen Blick auf die unverkleideten Wände seines Studierzimmers und das knapp fertige Ständerwerk des Wohnzimmers. Vielleicht würde er heute Nachmittag eine Stunde Zeit für das Studierzimmer haben, falls er rechtzeitig …
„Madainn mhath“, sagte er in dem offenen Durchgang, der einmal die Tür sein würde – nächste Woche vielleicht –, als Begrüßung zu den versammelten Mitgliedern seiner Familie.
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