Der vierte Advent: Verkündigung
Es ist der vierte Sonntag im Advent. Der Tag der Verkündigung, der uns die Gewissheit bringt, dass ein großes Versprechen eingelöst wird. Wir wenden uns noch einmal nach innen, lauschen der Stille der Nacht und bereiten uns vor auf das, was das Licht uns bringt.
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DIE LATERNE BEWEGTE sich sacht auf und ab und entfernte sich von mir. Ich blieb stehen und folgte dem Lichtfleck mit den Augen. Alle paar Schritte hielt er an, dann ging er weiter, während sich hinter ihm langsam eine kleine rote Flamme erhob. Als sich meine Augen langsam an das Licht gewöhnten, verwandelten sich die Flammen in eine Reihe von Laternen, die auf Felssäulen standen und wie Leuchtfeuer in die Schwärze strahlten.
Es war eine Höhle. Zuerst dachte ich, es sei eine Kristallhöhle, wegen des seltsamen schwarzen Schimmers, der die Laternen umgab. Doch dann trat ich bis an die erste Säule vor und ließ den Blick um mich schweifen, und dann sah ich es.
Es war ein klarer schwarzer See. Transparentes Wasser schimmerte wie Glas über feinem schwarzem Vulkansand und glitzerte rot im Laternenschein. Die Luft war feucht und warm, schwül vom Dampf, der an den kühlen Höhlenwänden kondensierte und an den gerippten Felssäulen hinunter lief.
Eine heiße Quelle. Schwacher Schwefelgeruch brannte mir in der Nase. Ich dachte daran, wie Anselm von den Quellen erzählt hatte, die in der Nähe der Abtei aus dem Boden stiegen und für ihre Heilkräfte berühmt waren.
Jamie stand hinter mir und blickte über die sacht dampfende Fläche aus Gagat und Rubinen hinweg.
„Ein heißes Bad“, sagte er stolz. „Gefällt es dir?“
„Jesus H. Roosevelt Christ“, sagte ich.
„Oh, es gefällt dir“, sagte er und grinste über seine gelungene Überraschung. „Dann komm herein.“
Er ließ seine Robe zu Boden sinken und stand sacht schimmernd in der Dunkelheit, von den glitzernden Reflektionen des Wassers mit roten Flecken überzogen. Das Deckengewölbe der Höhle schien das Licht der Laternen zu schlucken, so dass ihr Schein kaum mehr als einen Meter weit reichte, ehe er verschwand.
Ein wenig zögernd ließ ich mir die Novizenrobe von den Armen gleiten.
„Wie heiß ist es denn?“, fragte ich.
„Heiß genug“, antwortete er. „Keine Sorge, du verbrennst dich nicht. Aber wenn du länger als eine Stunde darin bleibst, kocht es dir die Haut von den Knochen wie Suppenfleisch.“
„Was für ein verlockender Gedanke“, sagte ich und entledigte mich der Robe.
Vorsichtig folgte ich seiner aufrechten, schlanken Gestalt in das Wasser. In den Stein waren Stufen gemeißelt, die unter die Oberfläche führten, und an der Wand war ein verknotetes Seil gespannt, an dem man sich festhalten konnte.
Das Wasser umströmte meine Hüften, und die Haut an meinem Bauch erschauerte wohlig, als die Wärme mich durchströmte. Am Boden der Stufen stand ich auf reinem schwarzem Sand; das Wasser reichte mir bis knapp unter die Schultern, und meine Brüste trieben darauf wie gläserne Schwimmer an einem Fischernetz. Meine Haut war von der Wärme gerötet, und in meinem Nacken bildeten sich kleine Schweißperlen unter dem schweren Haar. Es war die reine Wonne.
Die Oberfläche der Quelle war zwar glatt und wellenlos, doch das Wasser war nicht still; ich konnte leise Bewegungen spüren, Strömungen, die wie Nervenimpulse durch das Innere des Beckens liefen. Das war es vermutlich, was mir zusammen mit der unglaublichen entspannenden Wärme einen Moment lang das Gefühl gab, dass die Quelle lebendig war – ein warmes Wesen, das mich mit offenen Armen tröstend willkommen hieß. Anselm hatte ja gesagt, dass die Quellen Heilkräfte besaßen, und mir war nicht danach, das anzuzweifeln.
Jamie trat hinter mich, und kleine Wellen zeichneten seinen Weg im Wasser nach. Er legte die Arme um mich, um meine Brüste zu umfassen und mir das warme Wasser sanft von oben darüber zu streichen.
„Gefällt es dir, a nighean donn?“ Er beugte sich vor und drückte mir einen Kuss auf die Schulter.
Ich ließ meine Füße unter mir aufschweben und lehnte mich gegen ihn.
„Es ist herrlich! Zum ersten Mal seit August ist mir durch und durch warm.“ Er begann, mich langsam rückwärts durch das Wasser zu ziehen; meine Beine folgten uns langsam nach, und die erstaunliche Wärme glitt mir wie streichelnde Hände an den Gliedern entlang.
Er blieb stehen, schwang mich herum und senkte mich sanft auf hartes Holz. Halb sichtbar im Dunkel des Unterwasserlichts erspähte ich Planken, die in eine Felsennische eingelassen waren. Er setzte sich neben mir auf die Bank und stützte die Arme auf den Felsvorsprung in unserem Rücken.
„Bruder Ambrose hat mich vor ein paar Tagen hier her gebracht, um die Narben ein wenig einzuweichen“, sagte er. „Es fühlt sich wirklich schön an, nicht wahr?“
„Mehr als schön.“ Das Wasser hatte eine solche Auftriebskraft, dass ich das Gefühl hatte, ich könnte davontreiben, wenn ich die Bank losließ. Ich blickte in die schwarzen Schatten der Decke hinauf.
„Lebt in dieser Höhle auch etwas? Fledermäuse meine ich? Oder Fische?“
Er schüttelte den Kopf. „Nichts als der Geist der Quelle, Sassenach. Das Wasser sprudelt durch einen schmalen Spalt dort hinten aus der Erde.“ Er wies kopfnickend in die Schwärze an der Rückseite der Höhle. „Und es sickert durch ein Dutzend winzige Öffnungen im Felsen wieder hinaus. Doch es gibt keinen direkten Zugang ins Freie außer der Tür, die in das Kloster führt.“
„Der Geist der Quelle?“, sagte ich belustigt. „Das klingt ja sehr heidnisch dafür, dass er sich unter einem Kloster versteckt.“
Er räkelte sich genüsslich, und seine langen Beine bewegten sich unter der glasigen Oberfläche wie die Stiele von Wasserpflanzen.
„Nun, wie auch immer du es nennen möchtest, es ist schon um einiges länger hier als das Kloster.“
Die Wände der Höhle bestanden aus glattem, dunklem Vulkangestein, fast wie schwarzes Glas, das mit der Feuchtigkeit der Höhle überzogen war. Die ganze Kammer erinnerte an eine gigantische Blase, zur Hälfte gefüllt mit diesem seltsam lebendigen und zugleich sterilen Wasser. Ich fühlte mich wie im Schoß der Erde gewiegt, so als würde ich, wenn ich das Ohr an den Felsen hielt, den unendlich langsamen Schlag eines großen Herzens ganz in der Nähe hören.
Dann waren wir beide lange still und trieben halb träumend dahin. Hin und wieder streiften wir einander, während wir auf den unsichtbaren Strömungen der Höhle drifteten.
Als ich schließlich sprach, erschien mir meine Stimme behäbig und betäubt.
„Ich habe mich entschieden.“
„Ah. Und gehen wir nach Rom?“ Jamies Stimme klang, als käme sie aus weiter Ferne.
„Ja. Ich habe zwar keine Ahnung, was dann …“
„Das spielt keine Rolle. Wir werden tun, was wir können.“ Er streckte die Hand nach mir aus, so langsam, dass ich schon dachte, sie würde mich nie berühren.
Er zog mich an sich, bis sich die empfindlichen Spitzen meiner Brüste an seiner Brust rieben. Das Wasser war nicht nur warm, sondern auch schwer; es fühlte sich beinahe ölig an, und seine Hände fuhren über meinen Rücken, bis sie mein Gesäß erreichten und mich anhoben.
Sein Eindringen verblüffte mich. Unsere Haut war so warm und schlüpfrig, dass wir kaum eine Berührung oder Druck verspürten, als wir übereinander hinweg glitten, doch seine Präsenz in mir war fest und intim, ein Fixpunkt in einer Wasserwelt wie eine Nabelschnur in den planlosen Bewegungen des Mutterleibs. Der kleine Schwall warmen Wassers, der sein Eindringen begleitete, entlockte mir einen kleinen Überraschungslaut, dann ließ ich mich mit einem leisen Seufzer der Wonne auf meinem Orientierungspunkt nieder.
„Oh, das gefällt mir“, sagte er beifällig.
„Was denn?“, fragte ich.
„Das Geräusch, das du gemacht hast. Das kleine Quieken.“
Es war nicht möglich zu erröten; meine Haut war schon so rot, wie sie nur werden konnte. Ich ließ mein Haar nach vorn fallen, um mein Gesicht zu verdecken, und die Locken entspannten sich auf dem Wasser.
„Entschuldige; ich wollte keinen Lärm machen.“
Er lachte, und es hallte als tiefes Echo von den Säulen der Decke wider.
„Ich habe doch gesagt, es gefällt mir. Und so ist es auch. Das gehört zu den Dingen, die ich am schönsten finde, wenn ich mit dir schlafe, Sassenach, die kleinen Geräusche, die du machst.“
Er zog mich an sich, so dass meine Stirn an seinem Hals lag. Sofort stieg Feuchtigkeit zwischen uns auf, glatt wie das schwefelhaltige Wasser. Seine Hüften bewegten sich sacht, und ich atmete mit einem halb erstickten Keuchen ein.
„Ja, genau so“, sagte er leise. „Oder … so?“
„Ark“, sagte ich. Wieder lachte er, ohne jedoch aufzuhören.
„Daran habe ich am meisten gedacht“, sagte er und zog seine Hände langsam an meinem Rücken auf und ab, folgte den Rundungen der Muskeln und der Kurve meiner Hüften. „Nachts im Gefängnis, angekettet in der Zelle mit einem Dutzend anderer Männer, während ich sie schnarchen, furzen und stöhnen hörte. Ich habe an diese kleinen zarten Laute gedacht, die du machst, wenn ich dich liebe, und ich konnte dich dort im Dunklen an meiner Seite spüren, wie du atmest, erst sacht und dann schneller, wie du aufstöhnst, wenn ich dich nehme, als machtest du dich für deine Aufgabe bereit.“
Ich atmete jetzt definitiv schneller. Das dickflüssige, mineraldurchtränkte Wasser trug mich auf seiner Oberfläche wie eine geölte Feder, und ich trieb nur deshalb nicht davon, weil ich mich an seine Schultermuskeln klammerte – und weil ich ihn weiter in der Tiefe fest umklammert hielt.
„Noch besser“, erklang das heiße Murmeln seiner Stimme in meinem Ohr, „wenn ich voller Verlangen zu dir komme und du unter mir jammerst und dich windest, als wolltest du fort, und ich weiß doch, dass du nur näher kommen willst, und ich denselben Kampf ausfechte.“
Seine Hände erkundeten mich; sacht und langsam, als kitzelte er eine Forelle, glitt er tief zwischen mein Gesäß, tastete sich weiter in die Tiefe vor, liebkoste die gedehnte, sich sehnende Stelle, an der wir vereint waren. Ich erschauerte, und der Atem entwich mir als unwillkürlicher Seufzer.
„Oder wenn ich zu dir komme, weil ich nicht anders kann, und du mich seufzend in dich aufnimmst und leise summst wie ein Bienenstock und du mich mit einem leisen Stöhnen mit dir in den Frieden nimmst.“
„Jamie“, sagte ich heiser, und meine Stimme hallte auf dem Wasser wider. „Jamie, bitte.“
„Noch nicht, a nighean donn.“ Seine Hände legten sich fest um meine Taille, hielten mich ruhig und drückten mich nieder, bis ich in der Tat aufstöhnte.
„Noch nicht. Wir haben Zeit. Und ich will dich noch einmal so stöhnen hören. Und dich aufschluchzen hören, obwohl du es nicht willst, weil du nicht anders kannst. Ich will, dass du seufzt, als ob dein Herz bricht, und vor Verlangen schreist, und am Ende in meinen Armen rufst, und dann weiß ich, dass ich dich ans Ziel gebracht habe.“
Der Ansturm begann zwischen meinen Beinen, fuhr wie ein Pfeil in die Tiefen meines Bauchs, löste mir die Glieder, so dass ihm meine Hände erschlafft und hilflos von den Schultern rutschten. Ich bäumte mich auf, und meine festen runden Brüste pressten sich flach an seine Brust. Ich erschauerte in der heißen Dunkelheit, und Jamies stützende Hände waren das einzige, was mich am Ertrinken hinderte.
Ich lehnte mich gegen ihn und fühlte mich wirbellos wie eine Qualle. Ich wusste nicht – und es störte mich auch nicht –, was für Geräusche ich gemacht hatte, doch ich fühlte mich nicht im Stande, zusammenhängende Worte zu bilden. Bis er sich wieder zu bewegen begann, kraftvoll wie ein Hai unter dem dunklen Wasser.
„Nein“, sagte ich. „Jamie, nein. Ich kann es nicht noch einmal so ertragen.“ Das Blut pochte mir noch in den Fingerspitzen, und seine Bewegung in mir war exquisite Pein.
„Doch, das kannst du, denn ich liebe dich“, erklang seine Stimme halb erstickt in meinem nassen Haar. „Und das wirst du, denn ich will dich. Aber diesmal gehe ich mit.“
Er hielt meine Hüften fest an sich gedrückt und trug mich mit der Gewalt eines Sogs über meine Grenzen hinweg. Ich prallte formlos gegen ihn wie Brecher an einem Felsen und er stellte sich mir mit brutaler Wucht entgegen wie Granit, mein Anker im tosenden Chaos.
Aufgelöst und flüssig wie das Wasser ringsum, zusammengehalten nur durch seine Hände schrie ich auf, der leise, röchelnde, halb erstickte Schrei eines Seemanns, der unter Wasser gezogen wird. Und ich hörte ihn den Schrei erwidern, weil er nicht anders konnte, und ich wusste, dass ich ihn ans Ziel gebracht hatte.
WIR KÄMPFTEN UNS aufwärts aus dem Schoß der Welt, feucht und dampfend, mit Beinen wie Gummi von Wärme und Wein. Auf dem ersten Treppenabsatz fiel ich auf die Knie, und Jamie, der mir zu helfen versuchte, fiel neben mich, ein wirrer Haufen aus Mönchsgewändern und nackten Beinen. Hilflos kichernd, eher vor Liebe trunken als vom Wein, kletterten wir Seite an Seite eher hindernd als helfend auf Händen und Knien die zweite Treppenflucht hinauf und purzelten in der Enge sacht übereinander, bis wir schließlich auf dem zweiten Absatz in den Armen des anderen zusammenbrachen.
Hier blickte ein uraltes Erkerfenster glaslos zum Himmel, und das Licht des Mondes tauchte uns in Silber. Eng umschlungen lagen wir zusammen, und unsere feuchte Haut trocknete dampfend in der Winterluft, während wir warteten, bis unsere rasenden Herzen langsamer wurden und unsere keuchenden Körper wieder zu Atem kamen.
Der Mond über uns war so riesig, dass er das leere Fenster beinahe ausfüllte. Es schien kein Wunder, dass die Gezeiten der Frauen und der See dem Sog dieses stattlichen Runds unterworfen waren, so nah und alles beherrschend.
Doch meine eigenen Gezeiten folgten nicht länger diesem keuschen Ruf, und das Wissen um meine Freiheit raste mir durch die Adern wie eine Gefahr.
„Ich habe auch ein Geschenk für dich“, sagte ich plötzlich zu Jamie. Er wandte sich mir zu, und seine große Hand glitt sicher über meinen jetzt noch flachen Bauch.
„Ist das so?“, sagte er.
Und in der Welt, die uns empfing, war alles möglich.
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© Diana Gabaldon & Barbara Schnell, aus „Outlander: Feuer und Stein“. Bitte respektiert das Urheberrecht und verlinkt auf diesen Beitrag, aber kopiert ihn nicht.
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