Meine kurze Karriere als TV-Schauspielerin (Teil I)
Wissen Sie, es überrascht mich gar nicht, dass Schauspieler hin und wieder Probleme mit dem richtigen Leben haben. Nicht, dass sie die Realität der von ihnen verkörperten Figuren (und glauben Sie mir, es ist Realität) nicht von der ihrer eigenen Personen trennen können – aber wenn Sie Filmschauspieler sind, gibt es während der Arbeit für Sie keine Außenwelt.
Nach dem Treffen der Darsteller zum gemeinsamen Lesen von Block 3 und einem Produktionsmeeting am Montag, einer ebenso ausführlichen wie faszinierenden Tour der „Outlander-World“ (von der ich später noch detailliert berichten werde; ich habe vorletzte Nacht vier Stunden geschlafen, mein „Call“ am Donnerstag Morgen war um halb sechs, was bedeutet, dass ich um halb fünf aufgestanden bin, worauf ein ziemlich vollgestopfter Tag folgte) am Dienstag, daraufhin mehrere Stunden Presse-Interviews, begann dann Mittwoch Morgen meine kurze Karriere als TV-Schauspielerin.
„Call“ bedeutet die Uhrzeit, zu der einen der Fahrer zu Hause abholt und zur Arbeit fährt. Für die Outlander-.Produktion arbeiten fünf Fahrer, allesamt selbst schillernde Persönlichkeiten. (Einigen von ihnen kann man bei Twitter folgen, unter Namen wie @daviehollywood, und ihnen sagen, was man von ihrem Vorschlag hält, einen Kalender der Outlander-Chauffeure herzustellen. Davie hat mich gefragt, wie ich die Idee finde; meine Erwiderung: „Weiß nicht … Full Monty oder G-Strings?“ Habe darauf noch keine Antwort bekommen.)
Das Produktionsbüro gibt den Schauspielern einen Terminplan für den nächsten Tag mit, wenn sie abends gehen – darauf steht, wann man abgeholt wird, wann man in der Maske sein soll und die theoretische Uhrzeit, wann man am Set sein soll, zusammen mit anderen streng geheimen Informationen, ob man zum Beispiel voraussichtlich nur an diesem Tag drehen wird oder an mehreren Tagen und wenn ja, an welchen (Änderungen möglich).
Mittwoch wurden also mein Mann (der als Fotograf und Chronist dabei war) und ich um 6.55 abgeholt, wie es auf dem Zeitplan stand, und um ein paar Ecken gefahren, um Catriona Balfe und ihre jüngere Schwester Lorraine abzuholen, die in der Kostümabteilung arbeitet. Beide wirklich nett, und so freundlich und witzig, wie man es um diese Uhrzeit überhaupt erwarten kann.
Wir wurden an der Rückseite des Geländes abgesetzt, wo die Wohnwagen stehen. Die „Künstler“ (die feste Besetzung, also keine Nebendarsteller oder Statisten) haben alle ihren eigenen Wohnwagen – in diesem Fall meistens die Hälfte eines großen Zwei-Personen-Trailers. Meinen 🙂 können Sie auf einem der Fotos sehen – bei jedem steht der Name der Figur an der Tür, und innen ist es ganz gemütlich (Jede Trailerhälfte hat ein winziges Badezimmer mit Toilette, und der Wohnbereich hat ein Popout mit einem Sofa. Ansonsten ist sie sparsam, aber bequem möbliert mit einem Sessel, einem Couchtisch, einem winzigen Kühlschrank und einem Tablett mit Annehmlichkeiten wie Kleenex-Tüchern, einem elektrischen Wasserkocher und Tetley-Teebeuteln.)
Überall auf dem Gelände laufen Leute herum, deren Job es ist, andere Leute im Auge zu behalten – vor allem die Künstler. Während der Arbeit weiß IRGENDJEMAND immer, wo man ist, und man ist jederzeit auffindbar. Man wird weitergereicht wie ein Paket – wirklich genau so. (Wenn auch ein kostbares, geschätztes Paket.)
Die Wohnwagen hatten sehr schmale, sehr steile Eingangsstufen – höllisch schwer zu bewältigen, wenn man ein Kostüm aus dem achtzehnten Jahrhundert trägt, das kann ich Ihnen sagen, aber glücklicherweise ist es mir gelungen, nicht hinunterzufallen und mir den Hals zu brechen (das Kostüm habe ich ein paarmal zerstört, aber das ist eine andere Geschichte), und wann immer man im Wohnwagen ist, kommen in Abständen Leute und klopfen an, um Essen (es GIBT nicht nur Frühstück und Mittagessen, sondern das Ganze wird einem auch gebracht) oder Kostüme zu bringen oder einen dorthin zu bringen, wo man als nächstes erwartet wird.
In diesem Fall kam jemand und wies mich an, meine Bluse auszuziehen, den rosa Frottee-Kapuzenbademantel auf der Couch anzuziehen und mitzukommen. Das tat ich, und ich wurde in die Maske gebracht, wo Annie (die Abteilungsleiterin, die sich sehr für die Frisurenmode des achtzehnten Jahrhunderts interessiert) ihr Reich hat. Julie hat mich geschminkt – nur das Nötigste, da eine respektable Frau im achtzehnten Jahrhundert ja kein Make-Up getragen hätte; bei mir wurde im Grunde nur der Hautton etwas aufgehellt und eine minimal reflektierende Oberfläche für die Kamera geschaffen (verstärkt durch Puder, der ungefähr alle fünf Minuten aufgefrischt wurde, wenn die Kameras nicht liefen – auch davon später mehr) – und mir dann meine Perücke angepasst. Diese war … ähm … erstaunlich ist wahrscheinlich das einzig treffende Wort. Ich darf Ihnen mein Kostüm ja nicht zeigen (ein paar Dinge möchten die Leute von Starz dann doch geheim halten), aber sie war … na ja, es gab größere und extravagantere, sagen wir es so. Und sie hatte ungefähr meine eigene Haarfarbe.
Die Vorbereitung für das Tragen einer Perücke bedeutete, dass mein Haar in vier kleine Zöpfe geflochten wurde, die kreuz und quer über meinen Kopf liefen und mit flachen Metallklammern befestigt wurden. Das war das Gerüst, an dem die Perücke befestigt werden konnte, und zwar mit Zillionen ringförmiger Haarnadeln unterschiedlichen Kalibers.
Die Perücke selbst besteht aus Echthaar, sorgfältig frisiert und auf einer Art Spitzenhaube montiert. Mit „Spitze“ ist hier ein ganz feines Netz gemeint, an dem das Haar befestigt ist. Diese Haube wird über das eigene Haar gezogen, und die Enden der Spitze schmiegen sich an die Stirn und über die Ohren. Sobald die Perücke fest sitzt, wurde die Spitze auf das Minimum zurechtgeschnitten und mit einem Haftmittel festgeklebt, das mehr oder weniger wie Kiefernharz aussah, aber wahrscheinlich keins war. Einmal festgeklebt, wird die Spitze im Grunde unsichtbar; man sieht sie selbst dann nicht, wenn man direkt neben einer Person steht, die sie trägt – es sei denn, das Haftmittel ist unregelmäßig getrocknet oder es wurde nicht genug verwendet, in welchem Fall es aussieht wie eine Hautunebenheit und man sieht, wie Leute die Hand an die Schläfe heben und ausrufen: „Meine Spitze wellt sich!“ … woraufhin wie von Zauberhand jemand von der Maske mit einem Pinsel voll Alkohol an ihrer Seite auftaucht (der Alkohol löst das Haftmittel, so dass man die Spitze anheben, glätten und neu befestigen kann).
Beim Verlassen des Make-Up-Trailers wurde ich von jemandem erwartet, der mich fragte, was ich zum Frühstück wollte (es gibt das Übliche; ich habe Schinken, Eier und Toast genommen), und mich zu meinem Wohnwagen zurückbrachte, um meinen Mann zu erschrecken.
Das Frühstück kam prompt – zusammen mit der Cola Light, um die ich gebeten hatte; die meisten Leute am Set trinken den ganzen Tag Tee, Kaffee oder Wasser, aber da Ron D. Moore auch auf Cola Light läuft, gab es immer welche –, kurz darauf gefolgt von zwei Damen aus der Kostümabteilung, die die Einzelteile meines Kostüms dabei hatten.
Ich kann es Ihnen ja nicht zeigen – aber es bestand aus einem Unterrock (aus Leinen und Musselin), einem knielangen Musselinhemd, dicken Kniestrümpfen, rotbraunen Satinschuhen mit Satinschleifen, einem Korsett, das über das Hemd gezogen wurde, woraufhin mir der Unterrock hingehalten wurde, so dass ich wie ein Schwimmer hineintauchen konnte und sie ihn mir über Hemd und Korsett ziehen konnten, und einer Taillenrolle, die auf deutsch liebevoll „Weiberspeck“ genannt wird – anscheinend waren breite Hüften im achtzehnten Jahrhundert sexy.
Das Korsett. Es wird im Rücken verschnürt, und es kostet einige Mühe, es ausreichend fest zu ziehen – so fest, dass man nicht mehr atmen kann, wenn es richtig gemacht wird, auch wenn man sich auf die Dauer daran gewöhnt. Aber bücken kann man sich wirklich nicht, also musste mir mein Mann immer wieder die Schleifen an den Schuhen binden, bis er es aufgegeben hat und Doppelknoten gemacht hat. Die gewünschte Wespentaille bekommt man so jedenfalls, das muss ich sagen.
Jedenfalls … nachdem ich all diese Schichten angelegt hatte, haben mir meine Ankleidehelferinnen das Prachtstück angezogen, ein absolut traumhaftes Kleid, dass Chef-Kostümdesignerin Terry Moore extra für mich entworfen hat (auch dazu später noch mehr). Samt und Goldspitze, MacKenzie-Tartan am Vorderteil und Watteaufalten am Rücken … und mehr kann ich nicht sagen, aber es war TRAUMHAFT. Als ich darin steckte, haben sie die Tür aufgemacht und Crawford herein gebeten, der offenbar der einzige männliche Angestellte der Kostümabteilung ist (obwohl ich das nicht beschwören kann, denn dort arbeiten 75 Leute, die ich nicht annähernd alle zu Gesicht bekommen habe), da es ein Kraftakt war, das Kleid über dem Korsett zuzuschnüren.
Es sah toll aus, aber ich sagen Ihnen – wenn man das erst einmal alles anhat und es ordentlich verschnürt ist, kann man nicht mehr viel machen außer zu gehen und vage die Arme zu schwenken. Auf die Toilette zu gehen, ist zwar möglich (gerade eben), aber es ist kein einfaches Unterfangen. Man kann sich setzen, aber man lehnt sich nicht zurück – nicht, weil man Angst hat, seine Kleider zu zerknittern, sondern weil es einfach nicht geht. Man hat eine super Körperhaltung, auch wenn es unfreiwillig ist.
Dann durfte ich eine Weile sanft vor mich hin keuchen und mich mit meinem Mann unterhalten, nachdem man mir versichert hatte, dass mich jemand holen würde – und so war es auch, und ich wurde in das Studio geführt, in dem an diesem Tag gefilmt wurde. (Es gibt zwei Studios; dasjenige, in dem ich war, war das, in dem man die große Halle gebaut hat – wirklich eine eindrucksvolle Kulisse.)
So … ich muss heute Nacht noch etwas schlafen (ich habe ein paar Stunden geschlafen, weil ich musste, bin dann aber aufgestanden, um wenigstens ein bisschen zu schreiben – zum Großteil diesen Bericht), denn Freitag werde ich zwar nicht ganz so zur Unzeit abgeholt wie Donnerstag, aber es wird auf jeden Fall ein Arbeitstag.
Aber wenn ich nach der Arbeit Zeit habe, erzähle ich Ihnen von der Zusammenkunft des Clans, von Colums Halle und davon, wie ein Film entsteht. Nicht abschalten 🙂
–Diana