Interview mit Diana und Ron Moore auf der ComicCon in New York
So viele Fragen an euch beide. Diana, fangen wir mit dir an. Deine Bücher sind ganz klar ein Phänomen mit eingefleischten Fans auf der ganzen Welt. Was war deine größte Sorge in Bezug auf eine Film- oder TV-Adaption?
Diana: Na ja, das Übliche. Werde ich eigentlich noch irgendetwas von der Geschichte wiedererkennen, wenn sie verfilmt wird? Aber die Bücher sind im Laufe der Jahre immer wieder optioniert worden, und es gab immer wieder Leute, die sie verfilmen wollten. Die Sache bei der Vergabe einer solchen Option ist die: Man macht es nur mit Leuten, denen man einigermaßen vertrauen kann, das ist in diesem Zusammenhang ein wichtiger Begriff. Denn es ist ja immer möglich, dass sie die Finanzierung tatsächlich auf die Beine bekommen und den Film auch machen. Und an diesem Punkt ist es dann zu spät, denn sie besitzen die Rechte für immer. Also muss man wirklich vorsichtig sein, deshalb haben wir die Option in zwanzig Jahren nur viermal vergeben. Aber Rons Projekt ist das erste, das jetzt tatsächlich realisiert wird.
Frage: Ron, was war das Schwierige daran, so eine gewaltige Geschichte für den Bildschirm zu adaptieren?
Ron: Also für die erste Staffel hilft die Tatsache, dass wir sechzehn Folgen zur Verfügung haben, um die Geschichte der Schlüsselfiguren zu erzählen. Wir brauchen genug Zeit, um erzählen zu können, wovon das erste Buch handelt. Das war das Wichtigste. Der Rest ist nur eine Frage der Ausführung, denn wir haben ja den Ausgangspunkt und die Figuren; eine Adaption ist etwas ganz anderes als eine Serie komplett aus dem Nichts zu erschaffen. Dazu benutzt man andere Muskeln, man sitzt im Autorenraum und vergegenwärtigt sich die Geschichte. “Hier ist die Buchversion, wie teilen wir dieses Material in sechzehn Folgen auf? Was ist der Anfang, die Mitte, das Ende jeder einzelnen Folge? Worum geht es in dieser Folge ganz besonders? Wie strukturieren wir das? Benutzen wir diese Szene?” Es gibt im Buch Szenen, die sich wirklich einprägen, wo die Fans sagen: “Oh, ja, das war ein toller Moment.” Und dann schaut man ins Buch, und es ist vielleicht nur eine halbe Seite, aber es ist eine wirklich unvergessliche Szene. Dann sagen wir: “Wie können wir das ausweiten, lasst uns das größer machen. Schmücken wir es aus, bis wir an diesen Punkt kommen, auf den alle warten.” Es ist also eine andere Arbeit. Unsere Aufgabe ist es, dem Buch so treu zu bleiben wie wir können, das hat man uns bei Starz ausdrücklich gesagt. Starz-Chef Chris Albrecht hat das Buch selbst gelesen, ich meine … wer macht so etwas? Und er hat zu mir gesagt: “Wir glauben an das Buch, vertraut dem Buch. Macht die Serie für die Fans und vertraut darauf, dass jeder, der das Buch nicht gelesen hat, genau so gefesselt sein wird wie die anderen.” Das war toll! Jetzt wissen wir, was wir tun. Es ist unser Job, den Stoff zu realisieren, nicht, ihn neu zu erfinden. Nicht, eine andere Version zu inszenieren, sondern einfach nur diesen Stoff. Was ist also die beste visuelle Version von “Feuer und Stein”, die wir erschaffen können?
Frage an beide: Meint ihr, das ist ein Schlüssel zum Erfolg der Serie? Dass sie für die Fans gedreht wird?
Diana: Ja!
Ron: Ich finde es wichtig. Ich habe schon vielen Leuten, die an der Produktion mitarbeiten, gesagt: Etwas, das wir nicht vergessen dürfen ist dies – das hier ist jemandes Lieblingsbuch. Es ist dieses Buch, das bei den Leuten im Regal steht und das sie immer wieder lesen. Es ist etwas Persönliches, und es ist etwas Besonderes. Und es ist unsere Aufgabe, diesen Leuten diese Geschichte zu liefern. Sie werden sich darauf freuen, sie werden Riesenangst haben, dass wir es versauen. Sehen wir also zu, dass wir es nicht versauen! Es ist eine tolle Geschichte, lasst uns eine tolle Version davon herstellen!
Frage: Diana, ich habe eine Freundin, die ihren Sohn nach deinen Büchern Jamie genannt hat. Deine Fans sind also eindeutig sehr, sehr hingebungsvoll. Die Besetzung der Figuren muss ja eine große Rolle gespielt haben. Wie bist du damit umgegangen, und hattest du etwas damit zu tun?
Diana: Ja, insofern, als sie mir die Probeaufnahmen geschickt haben, sobald sie das Gefühl hatten, jemanden für Jamie und Claire gefunden zu haben. Aber ich weiß nicht, was sie gesagt hätten, wenn ich gesagt hätte, oh nein, die sind ja schrecklich! Zum Glück war ich von den beiden begeistert.
Ron: Wir haben die Luft angehalten.
Frage: Ron, du hast jede Menge Erfahrung mit Science Fiction, und es gibt zwar dieses Zeitreise-Element in den Büchern, aber eigentlich sind es doch vor allem historische Romane. Was an diesem Projekt hat dich angezogen und wie groß ist die Umstellung?
Ron: Ich interessiere mich sehr für Geschichte, ich liebe historische Romane, und ich glaube, es gibt große Überschneidungen zwischen den Fans der Genres. Ich habe mich mit Star-Trek- und Battlestar-Fans unterhalten, und sie sind alle ganz angetan von dieser Sache. Der Sprung ist nicht so groß wie man vielleicht denkt. Viele Leute, die SciFi mögen, sind einfach von den verschiedenen Kulturen fasziniert, weil ja auch die Vergangenheit in vielerlei Hinsicht ein fremdes Universum ist. Genau damit spielt Science Fiction doch oft. Battlestar benutzt viele Metaphern aus der Vergangenheit, genau wie Star Trek, also war es keine große Umstellung für mich. Was mich angezogen hat, war die Tatsache, dass es eine tolle Geschichte ist. Ich habe das Buch gelesen und konnte es nicht weglegen. Ich war gefesselt, und die Geschichte hat mich aufgesogen. Ich habe gedacht: “Das ist toll, ich will das sehen. Ich will das schreiben.”
Frage: Du hast gesagt, die Serie wird für die Fans, aber wird sie sich auch Leuten erschließen, die die Bücher nicht gelesen haben? Es hat ja schon Serien gegeben, die sich zu sehr an den Fans orientiert haben und anderen Zuschauern nicht genug gesagt haben.
Ron: Das glaube ich nicht, ich halte die Erzählung für ziemlich geradlinig. “Game of Thrones” ist ja sehr erfolgreich, aber auch ziemlich komplex. Jede Menge Veränderungen, jede Menge Handlungsfäden, jede Menge Figuren und Königreiche und ein ganzer Haufen kompliziertes Material. Wir haben hier einen Erzählfaden, und ich glaube nicht, dass irgendjemand Schwierigkeiten haben wird, ihm zu folgen. Und ich finde einfach, dass es eine packende Geschichte ist. Ich glaube nicht, dass man die Bücher gelesen haben muss, um von Claires Geschichte fasziniert zu sein. Was dieser Frau in dieser Welt zustößt, in der sie sich wiederfindet. In diesem Fall glaube ich nicht, dass das eine das andere ausschließt.
Diana: Ich denke, es ist ganz einfach. Die Bücher enthalten so viele Genres, dass es mir oft schwer fällt, sie mit einem Begriff zu beschreiben. Denn es ist nicht diese oder jene Art von Buch, es ist EINE Geschichte. Also muss ich immer wieder feststellen, dass es am einfachsten ist, die Leute neugierig zu machen, indem man entweder Leseproben verteilt oder einfach anfängt, die Geschichte zu erzählen: 1946 fährt eine ehemalige Armeekrankenschwester namens Claire Randall nach Schottland in die zweiten Flitterwochen. Durch den Krieg sind sie und ihr Mann sechs Jahre lang getrennt gewesen; jetzt werden sie einander wieder vertrauter und gründen vielleicht eine Familie. Während dieses Aufenthalts geht sie jedoch eines Tages allein im Wald spazieren, findet einen Steinkreis, und als sie diesen durchschreitet, verschwindet sie ins Jahr 1743, wo die erste Person, der sie begegnet, ein Mann in einer Armeeuniform aus dem achtzehnten Jahrhundert ist, der genau wie ihr Mann aussieht und sich als sein Vorfahre entpuppt. Unglücklicherweise entpuppt er sich auch als perverser bisexueller Sadist. Während sie versucht, ihm zu entwischen, fällt sie einer Bande von Schotten in die Hände, die ebenfalls versuchen, ihm zu entwischen, wenn auch aus anderen Gründen. Als sie nun diese Engländerin finden, die in der Gegend herumspaziert und anscheinend nur ihre Unterwäsche trägt, nehmen sie sie mit in ihre Burg, um herauszufinden, wer und was sie ist. Tja, Hauptmann Randall, der Vorfahre ihres Mannes, interessiert sich ebenfalls sehr dafür, wer und was sie ist. Schließlich sieht sie sich gezwungen, einen der jungen Clansmänner zu heiraten, um nicht an Randall ausgeliefert zu werden. So versucht sie also, den Schotten zu entfliehen, sie versucht, zu dem Steinkreis und zu ihrem Mann im zwanzigsten Jahrhundert zurück zu gelangen. Sie wird von Jack Randall verfolgt. Und sie ist dabei, sich in den jungen Mann zu verlieben, den sie heiraten musste. Und so nimmt die Geschichte ihren Lauf …
Frage: Bist du an der Entstehung der Serie beteiligt? Wirst du Drehbücher schreiben?
Diana: Ron hat mich tatsächlich gefragt. Und ich habe nein gesagt. Es ist ein anderes Handwerk. Ich schreibe Romane. Meine Arbeit ist ganz allein mein Werk. Ich habe die totale Kontrolle darüber. Drehbücher sind ein Gemeinschaftswerk, ihre Entstehung ist interaktiv bis hin zum tatsächlichen Dreh. Ich habe Freunde, die Drehbuchautoren sind, und habe mich mit ihnen unterhalten. Sie meinten, dass diese Arbeitsweise nicht zu mir passt und ich wahrscheinlich den Zeitplan gar nicht einhalten könnte. Hinzu kommt, dass ich Bücher zu schreiben habe. Ich habe einfach keine Zeit übrig, um mich total auf das Drehbuch einzulassen.
Frage: Würdest du denn gern einen Tag oder so im Autorenraum dabei sein? Nur, um es einmal zu erleben?
Diana: Oh ja. Das wäre faszinierend.
Frage: Sieht der Plan so aus, ein Buch pro Staffel zu verfilmen?
Ron: Bis jetzt ja. Erst einmal sind wir aber noch nicht bei der nächsten Staffel.
(c) Diana Gabaldon, Ron Moore, Barbara Schnell