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Die Fackeln der Freiheit

Die Fackeln der Freiheit

Man schreibt das Jahr 1760; die Schrecken von Culloden liegen fast anderthalb Jahrzehnte zurück, und Jamie Fraser lebt als jakobitischer Kriegsgefangener auf Ehrenwort in der Abgeschiedenheit des Lake Districts – eine triste Existenz, doch es könnte schlimmer sein. Denn einerseits ist ihm das Dasein als Leibeigener auf den Zuckerrohrplantagen der Westindischen Inseln erspart geblieben. Andererseits sieht er hier den kleinen William heranwachsen, seinen illegitimen Sohn, den der Rest der Welt für den neunten Grafen von Ellesmere hält.

Doch dann geht ein Ruck durch sein friedlichen Leben, denn Tobias Quinn taucht in Helwater auf – ein Ire, der während des Jakobitenaufstandes Jamies Kamerad war.

Viele Jakobiten kamen damals um; andere – wie Jamie – wurden eingekerkert oder deportiert. Andere konnten entkommen. Und viele von ihnen haben niemals aufgegeben. Auch Quinn ist immer noch von brennender Leidenschaft für die Sache der Stuarts erfüllt, und er hat einen Plan – einen furchtbar gefährlichen Plan, dessen Hauptrollen Jamie Fraser und der geweihte Kelch eines uralten irischen Druidenkönigs spielen sollen.
Doch Jamie hat genug von der Politik, genug vom Krieg und mehr als genug von den Stuarts. Er will nichts davon hören.

Man schreibt das Jahr 1760; auf der halben Welt tobt der Krieg, den man später den Siebenjährigen nennen wird, und auch Lord John findet sich als Berufssoldat an mehreren Schauplätzen dieses Krieges wieder. Aus Kanada hat er ein Bündel Papiere mitgebracht, dem nur noch eine Zündschnur fehlt, so explosiv ist sein Inhalt. Es ist Material, das von einem kürzlich verstorbenen Freund zusammengetragen wurde und das einen britischen Offizier, Major Gerald Siverly, der Korruption und des Mordes beschuldigt. Um seines Freundes und um seiner eigenen Soldatenehre willen ist Lord John fest entschlossen, Siverly zu überführen.

Auch Johns Bruder Hal, der Herzog von Pardloe, betrachtet den Fall als Ehrensache – und besinnt sich auf die Talente seiner Frau Minnie, die früher als Spionin tätig gewesen ist. Die Greys zeigen Minnie ein mysteriöses Dokument aus besagtem Päckchen, dessen Inhalt zwar in Reimform verfasst zu sein scheint, jedoch in einer Sprache, die sie nicht erkennen. Minnie kennt die Sprache. Es ist Gälisch, sagt sie zu den Brüdern. Die Sprache der Iren und der Highlandschotten.

    Gälisch. Beim Klang dieses Wortes durchlief Grey ein höchst merkwürdiges Gefühl.Gälisch war die Sprache der Menschen im schottischen Hochland. Sie klang wie keine andere Sprache, die er je gehört hatte – und da sie so barbarisch war, überraschte es ihn zu erfahren, dass sie in der Schriftform existierte.
Hal betrachtete ihn nachdenklich.
“Du musst es doch in Ardsmuir oft gehört haben?“
“Gehört, ja. Die Gefangenen haben es fast alle gesprochen.“ Grey war kurze Zeit Gefängnisverwalter von Ardsmuir gewesen; es war für ihn genau so sehr Exil wie beruflicher Posten gewesen, denn er war dadurch um ein Haar einem Skandal entgangen. Aus einer ganzen Reihe von Gründen dachte er nicht gern an diese Zeit zurück.
“Beherrschte Fraser die Sprache?“
O Gott, dachte Grey. Nicht das. Alles, nur das nicht.
“Ja“, sagte er dennoch. Hin und wieder hatte er gehört, wie sich Jamie Fraser mit den anderen Sträflingen in seiner Muttersprache unterhielt, deren Worte so rätselhaft und fließend klangen.
„Wann hast du ihn zuletzt gesehen?“
„Seit dem Frühjahr nicht mehr. Grey bemühte sich, die knappe Antwort unbeteiligt klingen zu lassen.
Jedoch nicht unbeteiligt genug; Hal trat vor ihn hin und betrachtete ihn aus nächster Nähe, als wäre er ein ungewöhnlicher chinesischer Krug.
„Er ist doch in Helwater, oder nicht? Reitest du hin und fragst ihn nach Siverly?“
„Nein.“
„Nein?“
„Ich würde nicht auf ihn pinkeln, wenn er in den Flammen der Hölle verbrennen würde“, sagte Grey höflich.
Hals Augenbraue zuckte, jedoch nur ganz kurz.
„Aha“, sagte er trocken. „Bleibt jedoch die Frage, ob Fraser gewillt wäre, dir einen derartigen Dienst zu erweisen.“
Grey stellte seinen Becher sorgfältig mitten auf den Tisch.
„Nur, wenn er davon ausginge, dass ich ertrinke“, sagte er und verließ das Zimmer.

Doch Hal ist es gewohnt, seinen Willen zu bekommen, und kurz darauf finden sich Lord John und Jamie als Reisegefährten wider Willen auf dem Weg nach Irland wieder – der eine, um für Gerechtigkeit zu sorgen, der andere, um die Toten ein zweites Mal zu begraben. Ihr schicksalhaftes Gespräch, das sie im Frühjahr zu erbitterten Feinden machte, können sie nicht ungeschehen machen, doch sie haben zu viele gemeinsame Ideale, um nicht in den Trümmern die Wurzeln einer neuen Freundschaft zu finden.
Durch Jamies Mithilfe gelingt es, die Intrige um Major Siverly aufzuklären – und unerwartet winkt ihm die Begnadigung. Doch die Heimkehr nach Schottland würde ihn von dem einzigen Sohn trennen, den er je haben wird, und der Preis der Freiheit wäre bitter. In dieser Situation ist es Lord John, der begreift, welchen Lohn Jamie Fraser tatsächlich verdient.

    John war von Frieden erfüllt und dem Bewusstsein, dass er seinen toten Freund nicht im Stich gelassen hatte. Und mehr noch – dass es in seiner Macht lag, etwas nicht minder Wichtiges für den lebenden zu tun. Er konnte Jamie Fraser die Unfreiheit schenken.
                   © 2011 Diana Gabaldon und Barbara Schnell