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Gaudete!

Gaudete!

Dies ist der dritte Sonntag im Advent. Menschen und Quellen sind sich nicht einig, ob diese spezielle Kerze „Freude“, „Liebe“ oder „Friede“ heißen sollte, aber in der katholischen Kirche heißt dieser Sonntag schon immer „Gaudete“ – und das bedeutet „freut euch“.

Freuen wir uns, dass der Advent fast vorbei ist und Weihnachten vor der Tür steht? Oder sind wir in Panik, weil uns gerade drei Menschen eingefallen sind, für die wir noch keine Geschenke gefunden haben, und OMG, die Weihnachtskarten haben wir noch gar nicht angerührt!? Oh, halt … doch, doch, wir haben die Karten verschickt!

Es könnte irgendetwas (oder alles) davon sein; ein Wort wie „sich freuen“ kann vieles bedeuten, aber am Ende ist es schlicht ein Glücksgefühl – und ich glaube, es liegt in Liebe begründet, der Liebe Gottes, der Liebe Christi, der Liebe füreinander. Liebe, die auf uns zukommt und uns sanft berührt; Liebe, die die Seele entzündet und tröstet. Gaudete!

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[Auszug aus Buch Zehn, noch ohne Titel, © Diana Gabaldon & Barbara Schnell]

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William öffnete die Augen und lag still. Er hatte sich daran gewöhnt, nicht genau zu wissen, wo er war, wenn er aufwachte, außer, wenn er im Wald schlief. Ein nächtlicher Wald ist ein geheimnisvoller Ort, und seine inneres Ohr hörte die ganze Nacht Geräusche, während in der Tiefe offenbar ein Teil seines Gehirns Dinge erkannte und verwarf, wenn es Wind in den Blättern war, fallende Eicheln oder Regen, der auf das Zeltleinen seines Unterschlupfs prasselte, gleichzeitig aber aufmerksam genug, um ihn vom schweren Tritt eines Bären in der Nähe zu unterrichten – ganz zu schweigen von den Ästen, die auf seinem Weg zerbrachen.

Das Resultat dieser Verhaltensweise seines Gehirns war, dass er sich die ganze Nacht seiner Umgebung bewusst war, auch wenn er nie ganz wach wurde, und er daher in der Dämmerung nicht überrascht war.

Letzte Nacht jedoch hatte er geschlafen wie ein Stein, erschöpft von seiner Reise, verwöhnt mit gutem, warmem Essen und so viel Alkohol, wie er trinken konnte. Er erinnerte sich nur verworren daran, wie er schlafen gegangen war, doch jetzt lag er auf dem Boden eines leeren Zimmers – er lag auf einer Art Unterlage, spürte aber die glatten Dielen unter seinen Händen, auf ihm etwas Warmes. Licht drang durch ein mit Jute verhangenes Fenster …

Und ganz plötzlich war der Gedanke in seinem Kopf, ohne Vorwarnung.

Ich bin im Haus meines Vaters.

„Himmel“, sagte er laut und setzte sich blinzelnd auf. Der ganze vergangene Tag kam zurück geströmt, ein Wirrwar aus Anstrengung, Schweiß und Sorge, während er aufstieg durch Wälder und Felsen, bis er schließlich ein großes, schönes Haus zum Vorschein kommen sah, dessen gläserne – Glas? In dieser Wildnis? – Fenster in der Sonne glitzerten, fremd inmitten der Bäume.

Er hatte sich und das Pferd über die Grenzen der Angst und Erschöpfung hinaus getrieben, und dann – war er da, saß einfach auf der Veranda. James Fraser.

Auf der Veranda und dem Vorplatz waren noch mehr Menschen gewesen, doch er hatte von keinem Notiz genommen. Nur von ihm. James Fraser. Er hatte Meilen und Tage damit verbracht zu entscheiden, was er sagen sollte, wie er die Situation beschreiben, seine Bitte formulieren sollte – und am Ende war er einfach geradewegs vor die Veranda geritten, außer Atem, und hatte gesagt: „Sir, ich brauche Hilfe.“

Er holte tief Luft und rieb sich mit beiden Händen das zerwühlte Haar, während er diesem Moment noch einmal durchlebte. Fraser war sofort aufgestanden und die Treppe herunter gekommen, hatte ihn beim Arm genommen. Und gesagt: „Du bekommst sie.“

„Du bekommst sie“, wiederholte er leise zu sich selbst.

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