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Maria Doyle Kennedy ist Jocasta Cameron

Maria Doyle Kennedy ist Jocasta Cameron

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Ich machte sie sofort unter den Leuten aus, die jetzt aus dem Haus und den Weg entlangeilten. Selbst wenn ich nicht gewusst hätte, wer sie war, hätte ich sie als MacKenzie erkannt. Sie hatte die prägnanten Knochen, die breiten Wikingerwangen und die hohe, glatte Stirn ihrer Brüder Colum und Dougal. Und genau wie ihr Neffe und wie ihre
Großnichte war sie von jener außergewöhnlichen Größe, die sie alle als Abkömmlinge eines Geschlechts kennzeichnete.
Einen Kopf größer als der Schwarm schwarzer Sklaven, der sie umgab, schwebte sie über den Pfad, der vom Haus wegführte. Eine Hand lag auf dem Arm ihres Butlers, obwohl ich selten eine Frau gesehen hatte, die der Hilfe weniger bedurfte.
Sie war hochgewachsen und flink, und ihr sicherer Schritt stand im Widerspruch zu ihrem weißen Haar. Vermutlich hatte sie einmal genauso rote Haare wie Jamie gehabt. Sie hatten auch jetzt noch einen leichten Stich ins Rote, wo sie das volle, weiche Weiß der Rothaarigen angenommen hatten – wie die Patina eines alten goldenen Löffels.
Einer der kleinen Jungen in der Vorhut rief etwas, und zwei von ihnen liefen vor und galoppierten über den Pfad zum Anlegeplatz, wo sie japsend wie Welpen im Kreis um uns herumsprangen. Zuerst verstand ich kein Wort – erst als Ian ihnen ausgelassen antwortete, wurde mir klar, dass sie auf Gälisch herumschrien.
Ich wusste nicht, ob sich Jamie Gedanken darüber gemacht hatte, was er bei dieser ersten Begegnung sagen oder tun wollte, aber letztendlich trat er einfach vor, ging auf Jocasta MacKenzie zu, umarmte sie und sagte: »Tante Jocasta – ich bin’s, Jamie.«
Erst als er sie losließ, sah ich sein Gesicht. Diesen Ausdruck – zwischen brennendem Eifer, Glück und Respekt – hatte ich noch nie bei ihm gesehen. Mich durchfuhr ein kleiner Schreck, als mir klarwurde, dass Jocasta MacKenzie ihrer älteren Schwester sehr ähnlich sehen musste – Jamies Mutter.
Ich vermutete, dass sie seine dunkelblauen Augen hatte, konnte es aber nicht sagen, denn sie waren verschleiert. Sie lachte unter Tränen, hielt ihn am Ärmel fest und fasste an seine Wange, um ihm nicht vorhandene Haarsträhnen aus dem Gesicht zu streichen.
»Jamie!«, sagte sie wieder und wieder. »Jamie, der kleine Jamie! Ah, ich bin froh, dass du da bist, Junge.« Sie hob noch einmal die Hand und berührte sein Haar. Erstaunen zeigte sich in ihrem Gesicht.
»Heilige Jungfrau, er ist ja ein Riese! Du bist ja mindestens so groß, wie es mein Bruder Dougal war.«
Der glückliche Ausdruck in seinem Gesicht verblasste ein bisschen, doch das Lächeln blieb, als er sich gemeinsam mit ihr zu mir wandte.
»Tante Jocasta, darf ich dir meine Frau vorstellen? Dies ist Claire.«
Strahlend streckte sie sofort die Hand aus, und ich ergriff sie. Die langen, kräftigen Finger weckten schmerzliche Erinnerungen: Obwohl ihre Finger vom Alter etwas knorrig waren, war ihre Haut doch weich, und ihr Griff war Briannas verwirrend ähnlich.
»Ich bin so froh, Euch kennenzulernen, meine Liebe«, sagte sie und zog mich an sich, um mich auf die Wange zu küssen. Ein starker Duft nach Minze und Verbenen schlug mir aus ihrem Kleid entgegen, und ich war seltsam bewegt, als hätte mich eine wohlwollende Gottheit plötzlich unter ihren Schutz gestellt.

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Die Schauspielerin und Musikerin Maria Doyle Kennedy ist dem deutschen Publikum unter anderem aus der Serie „Die Tudors“ bekannt.

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