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Meine kurze Karriere als TV-Schauspielerin (Teil 2)

Meine kurze Karriere als TV-Schauspielerin (Teil 2)

Ja, ich höre, wie Sie sagen, was ist denn mit dem eigentlichen Auftritt?
Tja, gute Frage. Zunächst einmal: „Outlander-World“ ist riesig. Es ist eine umgebaute Fabrikruine, und wenn man hindurch geht und die Verwandlung sieht, kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Aber ich erzähle Ihnen die Einzelheiten meiner Führung später – ich habe nur sehr wenig Zeit und möchte Ihnen wirklich von meinem Auftritt erzählen. Was ich sagen wollte, als ich die Größe des Filmkomplexes erwähnt habe, ist, dass es dort zwei große Studios gibt – und in einem ist Colums Halle in Leoch aufgebaut.
Ich habe den Großteil des Tages in der Gesellschaft diverser interessanter Leute verbracht, darunter auch einige der PR-Leute von Starz, von denen ich das Okay bekommen habe (ta-dahh!) zu verraten, dass ich in der Tat bei den Aufnahmen der Clanzusammenkunft dabei war.
Sie wollten mich bei diesem Teil dabei haben, weil sie auch einige Medienvertreter eingeladen hatten – und zwar weil es so eine spektakuläre Szene ist: Dutzende von Komparsen in vollem (und fantastischem) Kostüm, eine großartige Kulisse und jede Menge interessante Einzelheiten.
Eigentlich hatten sie mich gefragt, ob ich eine Komparsenrolle übernehmen würde, und ich hatte gesagt, klar, das macht bestimmt Spaß, und die Fans können mich dann aus dem Wimmelbild heraussuchen, wenn die Serie ausgestrahlt wird. Aber ein paar Wochen später bekam ich eine Mail vom Produktionsteam, sie hätten darüber nachgedacht; als Komparsin müsste ich im Prinzip drei Tage lang an einer Stelle stehen, weil man einen Komparsen nicht aus einer sorgsam komponierten Massenszene entfernen und damit die bis ins Letzte durchdachten Konfigurationen ruinieren kann, die sich der Regisseur und der Kameramann ausgedacht haben. Der Produzent dazu: „Es ist nach sehr kurzer Zeit nichts Neues mehr.“
Also hatten sie eine bessere Idee; Matt Roberts, der Drehbuchautor der betreffenden Folge (und ein super netter Typ, trotz seines Guy-Fawkes-Bärtchens) könnte eine Mini-Szene für mich schreiben. Nur ein paar Dialogzeilen. Das könnten sie dann schnell separat filmen, und danach wäre ich entlassen. „Toll!“, habe ich gesagt.
Die Dame, mit der wir es zu tun haben, nimmt an der Zusammenkunft teil, und die nämliche Mini-Szene findet auf einer der Galerien oberhalb der Halle statt. Ich darf keine Fotos vom Set posten oder die Kulisse detailliert beschreiben – aber, hey, Sie haben ja das Buch gelesen; sie wissen, wie es da aussieht 🙂
Es ist eine mords-beeindruckende Kulisse, sagen wir es so. Unter anderem – unter vielem anderen – sind absolut überall Fackeln und Kerzen; riesige Kronleuchter mit drei oder vier Dutzend dicken Wachskerzen (und sie sind aus echtem Wachs; Matt hat erzählt, dass nicht selten heißes Wachs unten auf die Leute tropft – darunter auch einer, der als Reaktion darauf einen Aufschrei ausgestoßen hat, sich aber sagen lassen musste, es wäre doch besser als ausgepeitscht zu werden), Wandleuchter mit Kerzenpaaren, Kandelaber auf sämtlichen horizontalen Oberflächen … und zwei tosende Kaminfeuer (mit Gasflammen, genau wie in den Fackeln). JEDE MENGE Licht – verstärkt durch riesige Bühnenscheinwerfer, die mit Hilfe bestimmter Gels alles simulieren können, von der Mittagszeit bis zum Mondschein. Dazu dann noch ein ordentlicher Spritzer des künstlichen Dunstes, den sie „Atmos“ nennen, und man hat eine Atmosphäre wie in echt.
Die Sache ist nur die, dass es, wenn ALLES beleuchtet ist, verdammt heiß in dieser Kulisse wird. Fügt man jetzt noch ein paar Dutzend Leute in Wollkleidern hinzu (die Kostüme sind natürlich alle aus authentischem Material geschneidert), dann steuert die daraus resultierende Massenkörpertemperatur fast genau so viel Hitze bei wie die Beleuchtung.
Eine wichtige Regel der Physik: Wärme steigt nach oben.
Ich stehe also auf der Galerie, angetan mit knapp fünf Kilo Wolle und Samt, in der Gesellschaft von etwa einem Dutzend ähnlich gekleideter Leute. Und Neville (Neville Kidd, und ich empfehle Ihnen, sich seine spektakuläre Demo-Rolle unter nevillekidd.com anzuschauen) justiert also das Licht mal eben so, dass er die spektakulärste Wirkung erzielt, und bereitet mit den Kameraleuten eine ziemliche ambitionierte Einstellung vor – eine lange, kurvige Kamerafahrt durch die Halle, die Treppe hinauf, durch die Galerie und am anderen Ende wieder hinaus, für die sie einen Kran, eine Hebebühne und eine Steadicam brauchen. (Mein Mann, der bei den technischen Vorbereitungen zugesehen hat – die ihrerseits Stunden gedauert haben – hat mir erzählt, eigentlich wäre die Steadicam der Star der ganzen Sache: „Nach jedem Durchgang hängen sie sie in ihr Gestell, tätscheln sie, pudern ihr die Nase und geben ihr ein Glas Wasser …“) Die Ausrüstung für die Bedienung der Steadicam (für die ein netter Typ namens Ozzie zuständig war – dunkelrote Haare, ich hab’s ja nun mal mit Rotschöpfen …) hätte auch dem „Bionic Pin Up“-Kalender enstammen können-
Da Sie ja schlau sind, ahnen Sie wahrscheinlich schon, worauf das alles hinaus läuft …
Ja, sie rufen tatsächlich „Action!“, wenn eine Einstellung beginnt, und „Cut!“, wenn sie sie beenden. Meistens kommt danach: „Noch einmal.“ Selbst wenn eine Einstellung gut geklappt hat, wird sie meistens mehrmals gefilmt, um einen möglichst großen Materialfundus zu haben – Rohmaterial, um beim Schneiden der endgültigen Version auf genug Rohmaterial zurückgreifen zu können. Und ja, sie benutzen Filmklappen (in diesem Fall sogar eine ziemlich riesige) mit den wichtigsten Informationen zur Szene bzw. dem Take.
Die wichtigsten technischen Vorbereitungen waren zwar alle schon am Vortag getroffen worden (ich war nicht dabei, weil ich non-stop Interviews gegeben habe, aber Doug hat mir alles darüber erzählt), aber es dauert trotzdem lange, alles wieder auf Anfang zu bringen, vor allem, wenn das Licht entsprechend eingestellt werden muss. Und für eine besonders lange oder komplizierte Einstellung braucht man nicht nur ideales Licht und Leute, die mit der Kamera umgehen können – sondern es müssen auch alle, die IM Bild sind, genau zur richtigen Zeit genau das Richtige tun. Sonst macht man es noch einmal. Und noch einmal. Und noch einmal. Mit ziemlich langen Wartezeiten zwischen den „noch einmals“. (Wie eine bekannte Schauspielerin, die namenlos bleiben soll, bemerkte: „Noch ein Take – noch eine Chance, Schei§e zu bauen.“)
Wärme steigt tatsächlich nach oben. Nach drei Stunden hatten wir auf der Galerie knapp vierzig Grad im Schatten. (Kein Scherz; ich lebe in Phoenix, Arizona. Ich weiß, wie sich vierzig Grad anfühlen.) Caitriona – die bei jeder Aufnahme auf die Galerie kam und wieder ging (ich war die ganze Zeit da) – hat mir freundlicherweise den Fächer geliehen, den sie dabei hatte (und den ihr jemand aus der Kostümabteilung geliehen hatte), und ich konnte ihn gut brauchen – vor allem, als eine der Komparsinnen, die hinter mir stand, einen Kollaps hatte und in der Ecke zusammengeklappt ist. Ich habe mir den Fächer aus dem Ärmel gerupft und ihr wild Luft zugefächert, wenn auch nur ein paar Sekunden, ehe dann jemand angerannt kam, um sie mit nach unten zu nehmen.
Danach haben sie dann die Galerie geräumt und die Türen geöffnet, damit es sich etwas abkühlen konnte, während sie den nächsten Durchgang vorbereiteten. Brian Kelly, der Regisseur, ist auch hochgekommen und hat im Vorbeigehen etwas gesagt, das ich als „stay here“ (hierbleiben) verstand, also habe ich das getan. Offenbar hatte er mir aber eigentlich gesagt, ich sollte nach unten gehen (downstairs), denn an der Tür hat er sich nach mir umgesehen, und da ich immer noch da stand, habe ich gehört, wie er seinem Regieassistenten (das ist der, der für das Rufen zuständig ist) zugerufen hat: „Davey, komm doch bitte für mich übersetzen, ja?“ Glasgowegisch ist nicht einfach …
Am Ende hat es fünf Stunden gedauert, diese eine Einstellung hinzubekommen (als wir wieder nach oben kamen, hatten sie uns Ventilatoren und Wasser gebracht, dadurch wurde alles deutlich erträglicher).
Komischerweise hatte ich keine Angst vor meinen Textzeilen. Montag habe ich mich mit der Dialekt-Trainerin Carol Ann Crawford getroffen, die mit mir einen Schnelldurchgang von „Wie man mit schottischem Akzent spricht“ unternommen hat. Sehr hilfreich. Und nachdem ich meinen Text einmal gesprochen hatte und ich darüber hinweg war, wie komisch es war, ihn zu hören, habe ich mir gedacht, so schrecklich, dass ich alles ruiniere, wird es schon nicht werden, also habe ich mir keine Gedanken darüber gemacht. Außerdem war es so unangenehm, lebendig gekocht zu werden, während man stundenlang in Schuhen mit Absätzen stehen musste, die nur die Fußballen belasten, und den Oberkörper nicht bewegen zu können, um die Anspannung im Kreuz zu lindern, dass Kleinigkeiten wie Lampenfieber dabei glatt untergegangen sind.
(Ehrlich gesagt hatte ich nicht einmal annähernd Lampenfieber. Einerseits spreche ich jetzt schon seit ein paar Jahren immer wieder vor hunderten von Leuten 🙂 , andererseits war ich mir hinreichend sicher, dass die Szene nicht an die Öffentlichkeit gelangen würde, falls ich irgendetwas ganz Furchtbares tat.
Wie schon gesagt gibt es bei Dreharbeiten lange Pausen zwischen den Takes. Es ist faszinierend zu beobachten, was in diesen Pausen passiert, vor allem, wenn es eine Szene mit vielen Schauspielern ist. In der Sekunde, in der der Regieassistent „Cut! Noch einmal!“ schreit, kommen Ameisenkolonnen von Maskenbildnern angelaufen und schwärmen zu den ihnen zugeteilten Schauspielern aus, Puderpinsel, Kämme und andere Gerätschaften griffbereit. Der Regisseur geht herum und gibt den Leuten Anweisungen – und diverse Spezialisten, so wie die Dialekt-Trainerin und der Gälisch-Experte (Àdhnamh Ó Broin, mit mir auf dem Foto; vielleicht haben Sie ihn schon in den „Outlander Gälisch“-Videos gesehen haben – er ist selbst ein echter Star), sind mit Rat und Tat zur Stelle.
Also ist in jeder Pause auch bei mir jemand aufgetaucht – machmal sogar zu zweit oder zu dritt –, um Reparaturen vorzunehmen oder mich anzuweisen, im Lauf der Zeile nicht leiser zu werden.
Wirklich interessant; eine Fortsetzung des Gefühls, wie ein Paket weitergereicht zu werden. Die meiste Zeit ist man ein bewegungsloser Gegenstand. Und „sie“ (die Leute von der Produktion) wissen zu jedem Moment des Tages genau, wo man ist, am Dreh oder draußen, so dass sie einen auf der Stelle finden und zum Vorschein bringen können. Das Ganze ist einfach zu komplex, um zum Stillstand zu kommen, während jemand nach einem fehlenden Schauspieler sucht. Wie eine der Schauspielerinnen zu mir gesagt hat: „Sie wissen, wann man zur Toilette geht und wie lange man genau dort bleibt.“ Ich glaube, auf die Dauer würde mir das auf die Nerven gehen, aber für die zwei Tage, die ich es gemacht habe (am nächsten Tag war ich noch in einer anderen kurzen Einstellung, die aber nur zwei Stunden gedauert hat, und es waren keine Leute unten und viel weniger Kerzen, also viel kühler), hat es großen Spaß gemacht.
Aber so ist das, wenn man Schriftsteller ist; einmal macht man ALLES mit, nur damit man darüber schreiben kann. 🙂

–Diana