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Die Tore zur Unterwelt (mit Leseprobe)

Sam Sykes – „Die Tore der Unterwelt“

Definitiv nichts für Leser mit schwachen Nerven oder empfindlichen Mägen. Ein Kritiker beschreibt den ersten Band, Das Buch des Dämons, als „Schlachtfest, das ‚300‘ alt aussehen lässt“. Es kommen schädelfressende Fischdämonen darin vor, und es enthält eine Szene (sie hat etwas mit Daumen zu tun; mehr sage ich dazu nicht), die selbst ich verstörend fand. Ich habe Sie gewarnt. Andererseits ist das Buch aber auch zum Brüllen komisch und hat einige der fesselndsten – wenn auch manchmal nervtötendsten – Figuren, die mir je untergekommen sind – und verfügt über jene große Seltenheit in der Literatur, eine einzigartige Stimme. Im Prinzip geht es in der Geschichte um die „Grals“-Suche nach dem „Buch des Dämons“ — einer rätselhaften Schrift, die (angeblich) die Tore zum Himmel oder zur Hölle öffnen kann. Nicht, dass sich die Figuren irgendwie darauf einigen könnten, welcher Himmel – oder welche Hölle – das sein könnte; sie sind alle Anhänger verschiedener Gottheiten. Aber sie werden dafür bezahlt, das Buch zu finden, also geht das schon in Ordnung.

Der zweite Band, Dunkler Ruhm, ist noch besser als der erste. Dieses Buch beinhaltet die bunteste Ansammlung unvergesslicher Außenseiter, die je versucht hat, die Welt (oder zumindest sich selbst) vor den Dämonen zu retten – und ein unglaubliches Sortiment gruseliger Widersacher, von lilagesichtigen Zwei-Meter-Elite-Soldatinnen und juwelen-besessenen sexuellen Sadisten bis hin zu den Akaneeden, einer gigantischen Kreuzung aus Seeschlange und Qualle, die bei der Paarung besonders gefährlich sind. Nehmen wir die Omen, einen Chor harpyen-ähnlicher Untergangspropheten, die grün gefärbten Schicte (fragen Sie nicht) und die überdimensionalen Küchenschaben dazu, die in allen Regenbogenfarben furzen, und wir können uns hinreichend sicher sein, dass unseren Helden ein Abenteuer von Format winkt.

Nehmen wir dann noch die persönlichen Probleme unserer Helden – Asper, eine Priesterin mit einer tödlichen Linken (nein, sie ist kein Boxtalent, sondern die Leute, die sie mit der linken Hand berührt, sind plötzlich nicht mehr da), Dreadaleon, ein junger Zauberer, dessen Körper auf den illegalen Einsatz seiner Zauberkräfte mit Zerfallserscheinungen reagiert (eins der interessantesten Symptome ist brennbarer Urin), Kataria, eine Schicte, die in einen Menschen verliebt ist, obwohl man ihr beibegracht hat, die Menschheit als Krankheit zu betrachten, Lenk, der besagte Mensch, der Kataria liebt, seinen Gefühlen aber nicht nachgehen kann, weil ihm ein antiker Krieger im Kopf sitzt, der nichts davon wissen will, Denaos, ein Berufsmörder, der aus seiner Feigheit keinen Hehl macht und dessen Träume gefährlicher sind als alles, was ihm im wachen Zustand begegnet, und Gariath, ein roter Drachenmensch, der zwar nicht so genau weiß, was er in der Gesellschaft dieser Schwachköpfe treibt, der sich aber auch nicht dazu aufraffen kann, sie im Stich zu lassen – und wir haben ein echtes Epos, glauben Sie mir.

Ich will gar nicht versuchen, die Handlung zu beschreiben, auch wenn sie wirklich cool ist. Was wir hier haben, ist eine extrem originelle Fantasywelt, deren Einwohner so lebensecht sind, dass man ihnen hin und wieder gern eine verplätten würde – wenn man sich nicht gerade bei einem ihrer Wortwechsel vor Lachen am Boden wälzt.

Freundlicherweise hat mir Sams deutscher Verlag Penhaligon zum dritten Band, Verräterische Freunde, eine Leseprobe der Übersetzung von Wolfgang Thon zum Download zur Verfügung gestellt. Danke dafür: