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Happy Birthday, Jamie Fraser!

Happy Birthday, Jamie Fraser!

Ein Grashüpfer landete mit einem hörbaren Plop über mir auf dem Leinen. Ich beobachtete ihn genau, aber er machte zum Glück keine Anstalten, ins Zelt zu kommen. Vielleicht hätte ich ja Mrs. Bryans Angebot annehmen sollen, die mir und ein paar anderen Offiziersfrauen, die ihre Männer begleitet hatten, ein Bett im Haus zur Verfügung stellen wollte. Doch Jamie hatte darauf bestanden, draußen bei seinen Männern zu schlafen, und ich hatte ihn begleitet, weil ich mir lieber mit Jamie ein Bett mit den Käfern teilen wollte als keines von beidem an meiner Seite zu haben.

Ich blickte zur Seite, achtsam, mich nicht zu regen, falls er noch schlief. Er war wach. Allerdings lag er völlig reglos da, ganz und gar entspannt, bis auf seine rechte Hand. Die hatte er erhoben und schien sie genau zu betrachten, wobei er sie hin und her drehte und seine Finger langsam bog und wieder gerade richtete — so gut er konnte. Der Ringfinger hatte ein verwachsenes Gelenk und war steif; der Mittelfinger war ein wenig verdreht, und eine tiefe, weiße Narbe wand sich um sein mittleres Gelenk.

Seine Hand war schwielig und mitgenommen von der Arbeit, und in der Mitte der Handfläche sah man immer noch das winzige, blassrosafarbene Stigma einer Nagelwunde. Die Haut

seiner Hand war dunkel gebräunt und verwittert, mit Sonnenflecken übersät und mit gebleichten, goldenen Haaren überzogen. Ich fand ihre Schönheit bemerkenswert.

„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag“, sagte ich leise. „Bestandsaufnahme?“

Er ließ die Hand auf seine Brust sinken und drehte mir lächelnd das Gesicht zu.

„Aye, etwas in der Art. Obwohl mir noch ein paar Stunden bleiben. Ich bin um halb sechs geboren; mein halbes Jahrhundert ist erst voll, wenn es Abendessen gibt.“

Ich drehte mich lachend auf die Seite und befreite mich von der Decke. Die Luft war immer noch wunderbar kühl, doch das würde nicht mehr lange anhalten.

„Rechnest du denn damit, dich bis zum Abendessen in deine Bestandteile aufzulösen?“, fragte ich neckend.

„Oh, ich gehe nicht davon aus, dass mir bis dahin etwas abfällt“, sagte er nachdenklich. „Aber was meine Funktionsfähigkeit angeht … aye, nun …“ Er bog den Rücken durch, reckte sich und sank mit einem zufriedenen Stöhnen wieder zurück, als sich meine Hand auf ihm niederließ.

„Scheint alles wunderbar zu funktionieren“, versicherte ich ihm unter vorsichtigem Zupfen, woraufhin er leise aufjaulte. „Nichts ist lose.“

„Gut“, sagte er und umschloss meine Hand fest mit der seinen, um weitere, unautorisierte Experimente zu verhindern. „Woher hast du gewusst, was ich mache? Das mit der Bestandsaufnahme, wie du es ausdrückst?“

Ich überließ ihm meine Hand, rückte jedoch näher an ihn heran und legte mein Kinn in die Mitte seiner Brust, wo eine kleine Mulde just dafür gemacht zu sein schien.

„Das mache ich immer, wenn ich Geburtstag habe — obwohl ich es normalerweise am Vorabend tue. Mehr als Rückblick, glaube ich, und als Reflektion über das vergangene Jahr. Aber ich betrachte mich auch prüfend. Ich glaube, das macht wohl jeder. Nur um zu sehen, ob man noch dieselbe Person ist wie tags zuvor.“

„Da bin ich mir einigermaßen sicher“, versicherte er mir. „Dir sind doch keine drastischen Veränderungen aufgefallen, oder?“

Ich hob mein Kinn von seinem Rastplatz und betrachtete ihn sorgfältig. Es fiel mir wirklich schwer, ihn objektiv zu betrachten; ich war so sehr an seine Gesichtszüge gewöhnt und hing so sehr an ihnen, dass ich oft kleine, liebenswerte Dinge an ihm wahrnahm — die Sommersprosse auf seinem Ohrläppchen, den unteren Schneidezahn, der sich vordrängte und nicht ganz in einer Reihe mit seinen Kollegen stand — und auf die leiseste Veränderung seines Gesichtsaudrucks reagierte, ihn aber eigentlich nicht als integriertes Ganzes betrachtete.

Er ließ meine Untersuchung in aller Ruhe über sich ergehen und hielt die Augenlider zum Schutz gegen das zunehmende Licht halb gesenkt. Sein Haar hatte sich gelöst, während er schlief, und sich auf seinen Schultern verteilt, so dass die rötlichen Wellen ein Gesicht einrahmten, das deutlich von Humor und Leidenschaft geprägt war — jedoch gleichzeitig eine paradoxe und bemerkenswerte Fähigkeit zur Reglosigkeit besaß.

„Nein“, sagte ich schließlich und stützte mein Kinn mit einem zufriedenen Seufzer wieder ab. „Du bist noch der Alte.“

Er grunzte belustigt auf, blieb aber still liegen. Ich konnte hören, wie einer der Männer in der Nähe herumstakste und fluchte, als er über eine Wagendeichsel stolperte. Das Lager war immer noch im Aufbau begriffen; einige der Kompanien — diejenigen, unter deren Männern und Offizieren sich ein großer Prozentsatz an ehemaligen Soldaten befand — waren ordentlich und gut organisiert. Viele andere waren es nicht, und ihre wackeligen Zelte und ihre Ausrüstung lagen als pseudomilitärisches Durcheinander überall auf der Wiese verstreut.

Jamies freie Hand ruhte auf meinem Rücken, und sein Daumen streichelte die Kante meines Schulterblattes. Mit seiner üblichen Fähigkeit zur geistigen Disziplin schien er die Ungewissheit der militärischen Aussichten vollständig verdrängt zu haben und dachte jetzt über etwas ganz anderes nach.

„Denkst du jemals –„, begann er und brach dann ab.

„Denke ich was?“ Ich senkte den Kopf und küsste seine Brust. Ich räkelte mich, um Jamie aufzufordern, mir den Rücken zu massieren, was er auch tat.

„Nun ja … ich weiß nicht, ob ich es erklären kann, aber mir ist gerade der Gedanke gekommen, dass ich jetzt schon länger lebe als mein Vater — und ich hatte nicht damit gerechnet, dass es dazu kommen würde“, fügte er mit einem Hauch von Ironie hinzu. „Es ist nur … es kommt mir einfach seltsam vor. Ich habe mich nur gefragt, ob du das manchmal auch denkst — ich meine, du hast deine Mutter doch auch so jung verloren.“

„Ja.“ Mein Gesicht war an seiner Brust vergraben, meine Stimme durch die Falten seines Hemdes gedämpft. „Früher — als ich noch kleiner war. Es kam mir vor, als müsste ich eine Reise antreten und hätte keine Landkarte.“

Seine Hand hielt einen Augenblick auf meinem Rücken inne.

„Aye, genau so.“ Er klang ein wenig überrascht. „Ich habe mehr oder weniger gewusst, wie es sein würde, ein Mann von dreißig oder vierzig zu sein — aber was jetzt?“ Seine Brust bewegte sich kurz mit einem leisen Geräusch, das wohl eine Mischung aus Belustigung und Verwunderung war.

„Man erfindet sich selbst“, sagte ich leise in das Dunkel unter meinem Haar, das mir ins Gesicht gefallen war. „Man betrachtet andere Frauen — oder Männer; man versucht, sich an ihre Stelle zu versetzen. Mann nimmt sich, was man brauchen kann, und sucht in sich selbst nach dem, was man sonst nirgends finden kann. Und immer … immer … fragt man sich, ob man es richtig macht.“

Seine Hand lag warm und schwer auf meinem Rücken. Er spürte, wie die Tränen, die mir unerwartet aus den Augenwinkeln liefen, sein Hemd befeuchteten, und hob die andere Hand, um meinen Kopf zu berühren und mir das Haar zu glätten.

„Aye, genau so“, sagte er noch einmal ganz leise.

Draußen begann das Lager, sich rumpelnd und scheppernd zu regen, und ich hörte das heisere Geräusch vom Schlaf angerauter Stimmen. Über uns begann der Grashüpfer zu zirpen, was sich anhörte, als kratzte jemand mit einem Nagel über einen Kupfertopf.

„Dies ist ein Morgen, den mein Vater nie gesehen hat“, sagte Jamie immer noch so leise, dass ich es genau so aus seiner Brust heraus hörte wie mit meinen Ohren. „Die Welt und jeder Tag darin sind ein Geschenk, mo chridhe — ganz gleich, was morgen geschieht.“

Ich seufzte tief und wandte den Kopf, um meine Wange an seine Brust zu legen. Er streckte sanft die Hand aus und wischte mir mit einer Kante seines Hemdes die Nase ab.

„Und was die Bestandsaufnahme angeht“, fügte er sachlich hinzu, „so habe ich noch alle meine Zähne, mir fehlen keine Körperteile, und mein Schwanz steht morgens immer noch alleine auf. Es könnte schlimmer sein.“

 

Aus: Outlander Buch 5, „Das flammende Kreuz“, erschienen bei Droemer Knaur.

(c) Diana Gabaldon & Barbara Schnell. Bitte verlinkt auf diesen Beitrag, aber kopiert ihn nicht.