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Also dann. Folge 11 … Ein paar Worte im Voraus

Also dann. Folge 11 … Ein paar Worte im Voraus

Ich weiß genau, dass sich jetzt viele Fans der Bücher freudig die Hände reiben und zu ihren Freunden sagen: „ENDLICH! Diana schreibt das Drehbuch! Endlich wird die Handlung GENAUSO WIE IM BUCH!“
Und mir wird klar, dass sie – wie vermutlich die meisten Leute – glauben, der Drehbuchautor schreibt das Drehbuch, übergibt es dem Produktionsteam, das es fotokopiert und es an die Schauspieler weitergibt, die sich dann bis zum letzten I-Tüpfelchen an das Drehbuch halten, und am Ende sieht man genau das auf dem Bildschirm, was auf der Seite stand.
Ähm. Nein, so funktioniert das nicht – und ich dachte, das sollte ich vielleicht erklären, um keine unrealistischen Erwartungen zu wecken. Ich bitte Sie, Folgendes zu bedenken:

1. Dies ist die elfte Folge einer Staffel, die aus dreizehn Folgen besteht. Das heißt, sie steht nicht allein. Ich musste alles berücksichtigen, was an Ereignissen und Mutmaßungen aus den vergangenen zehn Folgen mit in diese Folge einfloss, und ich durfte nichts tun, was den Plan für Folge dreizehn und vierzehn durcheinanderbringen würde.
Zum Beispiel: Mein ursprüngliches Skript enthielt diverse komische Wortwechsel zwischen Rupert und Angus. Zu dem Zeitpunkt, als ich den Inhalt meiner Folge mit dem Autorenteam geklärt habe, sah der Plan so aus, dass sie Willie in der Schlacht von Prestonpans umkommen lassen würden (und wir haben über die Symptome von Kopfverletzungen diskutiert – ich habe den Kollegen erklärt, dass man davon kein Blut spuckt, und ihnen auch gesagt, bei welcher Art Verletzung das der Fall ist; im Prinzip ist das, was mit dem armen Angus passiert, also meine Schuld …)
Doch nachdem ich den ersten Entwurf geschrieben hatte, wurde mir mitgeteilt, dass Finn den Hertog (zweifellos wurde er im Traum gewarnt) eine andere Rolle angenommen hatte und nicht zurückkehren würde, um Willie zu spielen. Damit waren Angus‘ Tage gezählt, und schwupps, weg waren all meine komischen oder rührenden Dialoge (es gab eine schöne, rührende Szene zwischen Angus und Fergus in der Kapelle, wo sie die Pferde versorgen).
2. Logistik. Wie schon angemerkt, hatte ich Pferde in der Kapelle. Nun, während der Vorbereitungen für die Dreharbeiten haben mir die Verbindungsleute bedauernd mitgeteilt, dass sie alles in Reichweite abgesucht hatten, es ihnen aber nicht gelungen war, eine Kirche oder Kapelle zu finden, wo man es uns gestatten würde, Pferde mit hinein zu nehmen, selbst dann nicht, wenn wir den Boden mit einem Belag schützten. OK, keine Pferde …
3. Revisionen und Überarbeitungen. Nun ja, darauf war ich gefasst. Ich arbeite schon seit den Anfängen der ersten Staffel als Beraterin an der Serie mit, was bedeutet, dass ich sämtliche Drehbuchentwürfe sehe, sämtliche revidierten Drehbuchentwürfe, die Drehbücher, die überarbeiteten Drehbücher, revidierte Drehbuchteile, revidierte Drehbuchseiten und so weiter. Es gibt massenweise Überarbeitungen – bei jedem Drehbuch. Ein durchschnittliches Drehbuch durchläuft mindestens sechs Fassungen, oft auch mehr.
Sie entwickeln sich, sie verändern sich, und normalerweise haben viele verschiedene Leute ihre Hand im Spiel: nicht nur der eigentliche Drehbuchautor, sondern auch der Produzent und der Koproduzent, der für den Block von Folgen verantwortlich ist, zu dem dieses Buch gehört. Ganz zu schweigen vom Regisseur (oder der Regisseurin) – der zwar keine direkten Veränderungen vornimmt, aber den Autor mit Sicherheit darum bitten wird – und den Schauspielern.
Manche Überarbeitungen sind toll, unleugbare Verbesserungen, manche sind hastige Revisionen, die zwischen Tür und Angel vorgenommen werden, um irgendeiner Notwendigkeit Rechnung zu tragen – und manches wird geändert, wieder zurückgenommen, erneut geändert, je nachdem, wer gerade zu sagen hat. Und damit sind wir bei …
4. Änderungen während des Drehs. Auch wenn die Kameras zu laufen beginnen, hört das Skript nicht auf, sich zu ändern. An diesem Punkt sind die Veränderungen allerdings normalerweise klein und geschehen ziemlich spontan. Ein Schauspieler improvisiert eine Dialogzeile, und die Improvisation ist toll – wir nehmen sie ins offizielle Drehbuch auf. Ein Schauspieler (oder zwei oder drei …) hat ein Problem mit einer Zeile …
(Wenn Sie Folge fünf – ich glaube, es ist Folge fünf – der zweiten Staffel schon gesehen haben, erinnern Sie sich an die Szene, in der Bonnie Prince Charlie über die Dächer turnt und bei Jamie und Claire hineinplatzt? Claire untersucht seine verletzte Hand und stellt fest, dass die Stelle wie ein Tierbiss aussieht? Nun, da gab es diese Zeile – es gibt sie noch –, wo Caitriona sagen sollte: „Hoheit … stammt dieser Biss vielleicht … von einem Affen?“
Ich weiß nicht, was an dem Wort „Affe“ verkehrt war, aber jedes Mal, wenn sie es sagte, haben sie, Sam und Andrew Gower einen Lachkrampf bekommen. Total. Sie haben es vier oder fünf Mal gemacht, immer mit demselben Ergebnis. Und man kann Sam im Hintergrund sagen hören: „Das wird nie funktionieren.“ Darauf der Regisseur – ich glaube, es war Metin Hüseyin: „Oh doch, das wird es!“ Und so war es auch – er hat sie gezwungen, es wieder und wieder zu machen, bis sie müde wurden und lange genug mit dem Lachen aufhörten, dass sie die Zeile filmen konnten.)
Aber manchmal ist eine Zeile auch einfach nicht so wichtig und kann herausgestrichen werden, wenn ein Schauspieler sie nicht mag oder Schwierigkeiten damit hat. (Ich hatte eine Zeile in dieser Folge, die lautete: „… du verdammter, dickschädeliger Schotte!“ Ich war nicht dabei, als die Szene gedreht wurde, weil ich zu Thanksgiving nach Hause musste, und als ich die Muster gesehen habe, war „… du sturer Schotte!“ daraus geworden. Keine Ahnung, ob Caitriona meine Version nicht mochte, ob der Regisseur fand, dass es den Rhythmus der Szene störte, oder was. Es war keine wichtige Änderung – aber ein Beispiel für das, was ständig passiert.)
5. Änderungen im Schneideraum. Wer die Entstehung eines Films noch nie von Anfang bis Ende verfolgt hat, ahnt kaum, wie wichtig die Arbeit des (oder der) Cutters ist. Diese Arbeit besteht oft darin, das Chaos zu ordnen, da die Regisseure Unmengen Material drehen, um sicher zu sein, dass sie die Einstellungen haben, die sie wollen, und der Großteil davon wird überhaupt nicht benutzt.
Andererseits stellt sich manchmal nach dem Filmschnitt heraus, dass etwas ausgelassen wurde, das unbedingt da sein sollte. In diesem Fall hatte ich eine Szene, in der jemandem ein Brief übergeben wird, die aber zusammen mit ein paar anderen kleinen Szenen gestrichen wurde – das bedeutet die Straffung von  Szenen, die nichts mit der zentralen Handlung oder damit zu tun haben, wie sich die Figuren auf den eigentlichen Höhepunkt zubewegen.
Das war alles gut – aber niemand (mich eingeschlossen) hat gemerkt, dass wir die Übergabe dieses Briefs wirklich zeigen sollten. Dieser Mangel fiel erst zu Beginn des Schnittprozesses auf, und Ron hat in aller Eile eine kurze Szene geschrieben, in der das geschieht und die sie hastig nachgedreht haben.
Jedenfalls, nein – was Sie sehen werden, wird NICHT genauso sein wie im Buch, und es wird auch nicht jedes Wort genauso sein, wie ich es geschrieben habe. Ich finde die Folge aber ziemlich gut und hoffe, sie wird Ihnen gefallen, wenn Sie sie sehen.

–Diana

© 2016 Diana Gabaldon. Bitte verlinkt auf diesen Beitrag, aber kopiert ihn nicht.