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Alles Gute zum 291sten Geburtstag, Jamie!

Alles Gute zum 291sten Geburtstag, Jamie!

Zugegeben, die Seekrankheit ist eins der weniger schönen Geschenke, die ich Jamie mit auf seinen Weg gegeben habe. Aber eigentlich ist diese Szene ja auch eher ein Geschenk an Sie, liebe Leser, als an ihn. Dennoch mit den besten Wünschen an unseren Helden!
— Diana

Exzerpt „Die Fackeln der Freiheit“
(c) Diana Gabaldon & Barbara Schnell

„Geht es ihm nicht gut, Mylord?“, fragte Tom mit gesenkter Stimme und wies kopfnickend auf das Dock. Grey wandte sich um und sah Fraser dort stehen wie einen Felsen in der Mitte eines Bachs, der die Matrosen und Passagiere zwang, um ihn herum zu fließen. Trotz seiner Reglosigkeit hatte seine Miene etwas an sich, das Grey unwiderstehlich an ein Pferd erinnerte, das im Begriff ist durchzugehen, und er kämpfte sich instinktiv wieder den Laufsteg hinunter und legte Fraser eine Hand auf den Ärmel, ehe er auch nur darüber nachdenken konnte.
„Es wird schon nicht so schlimm“, sagte er. „Kommt schon, alles wird gut.“ Fraser riss sich von dem finsteren Gedanken los, der anscheinend von ihm Besitz ergriffen hatte, und sah ihn an.
„Das bezweifle ich“, sagte er, jedoch geistesabwesend und wie zu sich selbst. Er entzog sich der Hand auf seinem Arm nicht, sondern schritt einfach unter ihr fort, ohne Notiz von ihr zu nehmen, und ging den Laufsteg hinauf wie ein Mann auf dem Weg zu seiner Hinrichtung.
Das einzig Gute daran, dachte Grey einige Stunden später, war, dass Tom auch den letzten Rest seiner Angst vor dem kräftigen Schotten verlor. Es war einfach nicht möglich, sich vor jemandem zu fürchten, den man so vollkommen hilflos erlebt hatte, so absolut elend – und in einer derart unwürdigen Lage.
„Er hat mir einmal erzählt, dass er anfällig ist für das mal de mer“, sagte Grey zu Tom, als sie an der Reling standen, um kurz frische Luft zu schnappen, dankbar trotz des Regens, der ihnen die Gesichter peitschte. „Ich habe niemanden mehr so kotzen sehen seit sich mein Onkel Morris, der auf einem Handelsschiff zur See gefahren ist, den Gilb gefangen hat“, sagte Tom und schüttelte den Kopf. „Und er ist daran gestorben.“
„Mir wurde aus zuverlässiger Quelle mitgeteilt, dass man an der Seekrankheit nicht stirbt“, sagte Grey und versuchte, es zuversichtlich und beruhigend klingen zu lassen. Die See war rau, weißer Schaum kam von den geblähten Segeln geflogen, und das kleine Schiff schwankte beängstigend hin und her, kopfunter in jedes Wellental, um sofort von der nächsten Woge himmelwärts geschleudert zu werden. Er selbst war ein guter Seemann und stolz darauf – doch wenn er länger als ein paar Sekunden darüber nachdachte …
„Hätte ich das gewusst“, sagte Tom mit Sorgenfalten in seinem runden Gesicht. „Meine alte Großmutter sagt, eine saure Gurke ist genau das Richtige bei Seekrankheit. Sie hat Onkel Morris immer ein ganzes Glas mitgegeben, wenn er zur See fuhr, eingelegt mit Dill. Und er ist erst gar nicht seekrank geworden.“ Er sah Grey mit einer Miene an, die seinen Herrn grober Fahrlässigkeit zu bezichtigen schien, was ihre Ausstattung mit sauren Gurken betraf. Grey spürte, wie er selbst in eine Art Trance des Grauens fiel, während er zusah, wie sich der Ozean hob und senkte, hob und senkte …
„Ja“, sagte er schwach. „Was für eine gute Idee. Aber vielleicht …“
„Verzeihung, Euren Ehren“, sagte eine Stimme neben ihm. „Seid Ihr zufällig mit dem Herrn da unten befreundet, dem es dreckig geht wie ’nem Hund – ’nem verflixt großen Hund noch dazu?“
Dankbar für die Ablenkung drehte Grey der wogenden See den Rücken zu und blinzelte sich das Wasser aus den Wimpern. Der Ire war ein paar Zentimeter größer als er, aber ausgemergelt. Dennoch schien ihm die Seefahrerei gut zu bekommen; sein Gesicht war rot vom Wind und von der Kälte, seine blassen Augen glitzerten, und in seinen gischtgetränkten Locken glänzte das Wasser.
„Ja“, sagte Grey. „Hat sich sein Zustand verschlechtert?“ Er machte Anstalten, an dem Mann vorbeizugehen, doch sein neuer Bekannter hielt ihn mit der einen Hand auf, während er mit der anderen in seinen weiten Umhang griff, der ihn umwehte wie eine Wolke. „Wenn er sich noch weiter verschlechtern würde, wäre er tot“, sagte der Ire und brachte eine kleine, eckige schwarze Flasche zum Vorschein. „Ich habe mich nur gefragt, ob Ihr vielleicht einen Schluck Medizin für ihn annehmen würdet? Ich hab’s ihm schon selbst angeboten, aber er war nicht genug bei Sinnen, um zu antworten.“
„Ich danke Euch, Sir“, sagte Grey und nahm das Fläschchen an. „Äh … was bitte ist es denn?“
„Zum Großteil billiger Whisky“, sagte der Ire gerade heraus. „Aber mit etwas Ingwer und einem Löffelchen Opiumpulver vermischt.“ Er lächelte, sodass man sehen konnte, dass ihm ein Eckzahn fehlte.“ Es wirkt Wunder. Aber Ihr müsste es vorher schütteln.“
„Was haben wir denn zu verlieren?“, sagte Tom, der praktisch dachte. Er wies auf das Deck, auf dem sich jetzt viele Passagiere aus dem Zwischendeck tummelten, die von den ungesunden Bedingungen und der Enge unter Deck ins Freie getrieben wurden. Viele von ihnen hingen selbst über der Reling; der Rest warf Grey giftige Blicke zu, offenbar, weil man ihn für das Übel verantwortlich machte. „Wenn wir nicht schnell etwas unternehmen, schlägt ihm einer von den anderen den Schädel ein. Und uns.“